Telefonische Warteschleifen müssen kostenlos sein

06.05.2010

Das Problem kostenintensiver Warteschleifen ist nicht neu. Bereits beim dritten nationalen IT-Gipfel 2008 haben sich Bundesregierung, Industrie und Verbraucherverbände auf einen Leitfaden für eine verbraucherfreundliche Kundenbetreuung verständigt. Die Wartezeiten in den Schleifen sollten reduziert und über deren voraussichtliche Dauer vorab informiert werden. Warteschleifen sollten auch kostenlos sein. Darauf – und auf mehr - hat sich die Telekommunikationsbranche freiwillig selbst verpflichtet.
Leider hat sie es bis heute nicht umgesetzt.

Die Erfahrungen der Verbraucherzentralen mit der Selbstverpflichtung der Unternehmen sind ernüchternd: Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vom vergangenen Jahr ergab, dass nur zwei von 60 Unternehmen eine kostenlose 0800-Nummer anbieten. Während ungefähr ein Viertel der Unternehmen wenigstens eine Ortsnetz-Vorwahl oder Sparvorwahlen ermöglichen, drängen zwei Drittel der Firmen ihre Kunden in teure Sondernummern.

Dabei sind technische Probleme für die Trennung zwischen kostenpflichtiger Auskunft und kostenfreier Warteschleife längst keine Ausrede mehr. Denn für diese Probleme gibt es mittlerweile eine Lösung. Wenn ein Unternehmen verbraucherfreundlich sein will, dann kann es bereits heute eine kostenlose Servicenummer anbieten.

Dass das so gut wie gar nicht passiert, zeigt doch deutlich, dass Selbstverpflichtungen der Wirtschaft in der Praxis nichts bringen. Insbesondere in Bereichen, in denen Dumpingpreise den Wettbewerb beherrschen, werden sich freiwillige Lösungen niemals durchsetzen, wenn sie die Unternehmen Geld oder Profit kosten. Die Strategie der Bundesregierung greift deshalb viel zu kurz. Wir brauchen verbindliche, gesetzlich festgelegte Regelungen statt unverbindlicher freiwilliger Versprechungen, an die sich kaum ein Unternehmen hält.

Aber auch außerhalb der Wirtschaft zählt Kundenservice nicht viel. Wer als Erwerbsloser bei der Agentur für Arbeit anruft und seinen so genannten Kundenberater sprechen will oder muss, der zahlt kräftig: 3,9 Cent pro Minute, Das klingt zunächst nicht teuer. Bleibt man allerdings in der Warteschleife des Call-Centers hängen oder ruft vom Handy aus dort an, dann kann es richtig teuer werden. Denn Handytelefonate sind 11 mal so teuer wie Anrufe aus dem Festnetz und schlagen mit 42 Cent pro Minute zu Buche. Die Arbeitsagentur wählt damit die absolute Obergrenze: mehr wäre gesetzlich verboten.

Die Bundesnetzagentur hat für Anrufe mit dem Handy bei Service-Diensten (0180er Nummern) derzeit einen Höchstpreis von 42 Cent pro Minute bzw. 60 Cent pro Anruf festgesetzt. Ruft man aus dem Festnetz eine Servicenummer an, werden maximal 14 Cent pro Minute bzw. 20 Cent pro Anruf fällig. Das ist zwar immer noch zu viel und eine Obergrenze von 10 Cent wäre angemessener, aber ich möchte auf einen anderen Punkt hinweisen: Denn bei der heutigen technischen Entwicklung ist für uns als LINKE die Unterscheidung zwischen Festnetz- und Handypreisen absolut unangemessen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben nicht zuletzt aus Kostengründen gar keinen Festnetzanschluss mehr, sondern telefonieren nur noch mit dem Handy. Die unterschiedlichen Preise für Anrufe bei Servicenummern sind nicht zu begründen und dienen nur den Telekommunikationsanbietern. Warum sollten diese freiwillig auf die Gewinne aus überhöhten Minutenpreisen verzichten?

Ich möchte noch ein weiteres Thema ansprechen, bei dem sich insbesondere Telekommunikationsunternehmen auch nicht gerade mit Ruhm bekleckern. Das ist das Thema Störungsmeldungen, bei dem man ja auch sehr gerne Bekanntschaft mit Warteschleifen macht.
Wenn die Festnetzleitung nicht funktioniert, müssen Kundinnen und Kunden mit dem Handy zu einem noch teureren Verbindungstarif den Servicedienst anrufen. Und wer hat nicht schon mal die Erfahrung gemacht, dass die telefonische Klärung lange dauern kann. Deshalb fordern wir: Störungsmeldungen müssen kostenfrei sein. Denn Unternehmen müssen im Rahmen ihrer Schadensersatzpflichten die Kosten für eigenes Leistungsversagen tragen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wissen das aber nicht oder es ist ihnen zu aufwendig, eine Kostenrückerstattung zu verlangen.

Die Bundesregierung muss endlich handeln, damit Verbraucherinnen und Verbraucher nicht länger zur Kassen gebeten werden. Unternehmen müssen deshalb gesetzlich verpflichtet werden, kostenlose Warteschleifen und auch kostenfreie Störungshotlines anzubieten. Außerdem werden schnell weitere Schritte folgen müssen, um die überfällige und dringend notwendige Stärkung der Verbraucherrechte im Telekommunikationsbereich voran zu bringen.

Buchempfehlung:
Buchcover

Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.