Immobilienkredite verbraucherfreundlicher regeln und Dispo-Zinsen deckeln

25.09.2015
Caren Lay, DIE LINKE: Immobilienkredite verbraucherfreundlicher regeln und Dispo-Zinsen deckeln

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Für viele Menschen ist der Bau oder Kauf eines Eigenheims ein ganz großer Traum. Darauf wird jahrelang hingearbeitet, dafür wird jahrelang gespart. Die allermeisten können das aber alleine nicht stemmen. Sie sind also auf einen Kredit angewiesen.

Ausgerechnet da, wo es um diese Kredite geht, gibt es viele versteckte Kosten, weil die Banken denken, dass sie bei dieser Gelegenheit ordentlich mitverdienen können. Weil es eben für die meisten Menschen der größte Kauf ist, den sie im Leben tätigen, ist das Ausmaß der versteckten Kosten und der Verbraucherabzocke hier besonders hoch. Deswegen, denke ich, ist es völlig unstrittig, dass Häuslebauer gesetzlich besser geschützt werden müssen.

Ich finde es allerdings umso bedauerlicher ‑ da habe ich an zwei Punkten eine andere Einschätzung ‑, dass die Bundesregierung an einigen Stellen im vorliegenden Gesetzentwurf nicht die Möglichkeiten nutzt, die die EU hier bietet. Es ist im Verbraucherschutz ein ganz typischer Vorgang: Zuerst zwingt die EU Sie zum Handeln. Dann werden die Spielräume, die uns Brüssel lässt, von der Bundesregierung nicht genutzt.

Kommen wir beispielsweise zu dem Merkblatt, auf dem alle wichtigen Informationen stehen sollen. Das sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus. Auf den zweiten Blick finde ich das etwas mutlos. Wir kennen die Debatte von den sogenannten Beipackzetteln bei Finanzprodukten. Aus dieser Erfahrung wissen wir, dass diese Merkblätter nur dann etwas nutzen, wenn es Mindestanforderungen gibt und wenn diese Merkblätter standardisiert sind. Wir sagen: Die Regeln an dieser Stelle müssen deutlich konkretisiert werden, damit sie überhaupt etwas nützen.

Dass Provisionen, die sich ergeben, offengelegt werden und dass die Honorarberatung eingeführt wird, ist zweifellos ein wichtiger Schritt. Wir wissen, dass viele Kreditvermittler auf Provisionsbasis arbeiten. Das lädt natürlich dazu ein, dass die Interessen der Bank Vorrang gegenüber den Interessen der Häuslebauer bekommen. Denn je teurer der verkaufte Kreditvertrag ist, desto höher ist am Ende die Provision.

Wir halten die Provisionsberatung für den falschen Weg. Es geht um eine Stärkung der Honorarberatung, und vor allen Dingen geht es auch um eine Stärkung der Verbraucherzentralen. Denn die unabhängige Beratung durch die Verbraucherzentralen halten wir für den richtigen Weg.

Ein Fall, der aus meiner Sicht hätte geregelt werden sollen: Wenn ein Kreditnehmer, also ein Häuslebauer, seinen Kredit früher zurückzahlen will, weil er beispielsweise eine Gehaltserhöhung bekommen hat, zocken die Banken ordentlich ab. Eine Studie hat ergeben, dass für eine vorzeitige Kreditrückzahlung 15 bis 20 Prozent fällig werden. Wir sagen: Das muss unterbunden werden. Wir brauchen endlich klare Obergrenzen. Ich habe wenig Verständnis dafür, dass diese Möglichkeit, die die EU eingeräumt hat, von Deutschland nicht genutzt wird. Hier muss der Gesetzentwurf nachgebessert werden.

Wenn man schon über Immobiliendarlehen redet, dann sollte man in diesem Zusammenhang auch über andere Verbraucherdarlehen reden, wie es die Verbraucherzentralen und die Verbraucherverbände auch fordern. Nehmen wir beispielsweise die Restschuldversicherungen. Auch sie sind ein lukratives und häufig verstecktes Zusatzgeschäft für die Banken, das für die Verbraucherinnen und Verbraucher zwar einen höheren Preis bedeutet ‑ was sie bei Vertragsabschluss häufig gar nicht erkennen können ‑, ihnen im Endeffekt aber wenig bringt.

Der Vorschlag lautet, dass das automatisch in den Effektivzins mit eingerechnet wird, der dadurch höher ausfallen würde. Dann könnten die Verbraucher von vornherein sehen, dass es sie teuer zu stehen kommt. Ich bin mir sicher, dass diese häufig unsinnigen Versicherungen dann den Verbrauchern nicht mehr so leicht unterzujubeln wären.

Zu guter Letzt zum Dispozins. Wir fordern als Linke seit sieben Jahren, dass die Dispozinsen gesetzlich gedeckelt werden müssen. Im Bundestagswahlkampf hat die SPD sich dieser Forderung angeschlossen, und in jeder Wahlkampfrede wurde die Abzocke durch die Banken gegeißelt, und zwar zu Recht. Deswegen finde ich es enttäuschend, dass dieser Gesetzentwurf nichts weiter vorsieht als die Herstellung von Transparenz. Das mag ja schön und gut sein, aber wenn alle Banken in einer Art Kartellabsprache nur Dispozinsen zwischen 8 und 12 Prozent anbieten, dann gibt es gar keine Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Deswegen sagen wir: Die Dispozinsen müssen gesetzlich gedeckelt werden, und zwar auf 5 Prozent über dem Leitzinssatz. Das ist der einzige richtige Weg, um diese Abzocke der Banken endlich zu beenden.

Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.