Bundesregierung bremst Rekommunalisierung aus!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Erst gestern konnten wir in der Zeitung lesen, was passieren kann, wenn private Konzerne die Energienetze in der Hand haben: In Berlin steht Vattenfall im Verdacht, mit einem simplen Buchhaltungstrick den Bürgerinnen und Bürgern zu hohe Netzentgelte abgeknöpft zu haben. Hier wird offenbar „geschummelt“. Das ist ein Beleg dafür, dass „Strom- und Gasnetze besser in öffentlicher als in privater Hand aufgehoben sind.“
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle hätte ich nicht nur Zwischenrufe von der CDU erwartet, sondern auch Applaus von der SPD. Denn das war gar nicht meine Wortwahl, sondern die des SPD-Kollegen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, Nikolaus Karsten.
Da hat er recht; denn Netze in öffentlicher Hand haben viele Vorteile: Sie sichern den Verbrauchern bezahlbaren Strom, den Kommunen eine gute Einnahmequelle. Wir als Linke wollen ökologische, demokratische Stadtwerke als zentrale Akteure der Energiewende. Das ist der Weg.
Das Beste ist: Viele Kommunen wollen ihre Netze zurückhaben, auch Kommunen, deren Bürgermeister ein CDU-Parteibuch haben; das möchte ich an dieser Stelle explizit sagen, bevor Sie uns, wie bei den letzten Debatten zu diesem Thema, wieder die Zwangskollektivierung der Energienetze vorwerfen. Viele Kommunen wollen ihre Netze zurück, und sie sollen sie auch rechtssicher zurückbekommen können.
Vielen Kommunen bietet sich gerade jetzt eine große Chance dafür. Die Konzessionen laufen aus. Bisher scheitert es an der Rechtssicherheit, die sie bei der Rekommunalisierung nicht haben. Sie haben sie nicht, weil die alte Bundesregierung unter Beteiligung der Union das Gesetz ganz bewusst so geändert hat, dass den Privaten die Möglichkeit eröffnet wurde, immer wieder vor den Gerichten gegen die Kommunen zu klagen. Das tun sie häufig mit Erfolg.
Das muss geändert werden. Das steht auch im Koalitionsvertrag. Das finde ich gut. Aber ehrlich gesagt: Bisher haben Sie diese wichtige Chance verpasst.
Wir als Linke stellen jetzt schon zum dritten Mal dieses Thema hier zur Abstimmung. Ich selber frage seit eineinhalb Jahren bei der Regierung nach, wo denn die Novelle des Gesetzes bleibt. Man wurde vertröstet. Wenn ich die Antworten ernst nehme, dann komme ich zu dem Schluss: Es hätte hier schon vor einem Jahr ein Gesetzentwurf vorliegen sollen. Alles, was wir bisher haben, ist ein Referentenentwurf, der irgendwo herumliegt, aber noch nicht hier eingebracht ist und noch nicht einmal innerhalb der Regierung fertig abgestimmt ist. So geht es nicht, meine Damen und Herren.
Ich glaube inzwischen, dass diese Verbummelungsstrategie nicht Unfähigkeit ist, sondern Absicht. Es scheint ja Teile in der Koalition zu geben, die einfach nicht wollen, dass die Kommunen in dieser Frage Rechtssicherheit haben. So sieht es doch aus.
Es stand schon vor ein paar Monaten in der Zeitung ‑ ganz konkret: im Spiegel, wo genau darüber berichtet wurde ‑, dass selbst Minister Gabriel möglicherweise ein Interesse hat, auf die Bremse zu drücken, um den privaten Energiekonzernen ihre lukrative Einnahmequelle nicht zu nehmen. Die Netzentgelte sind nämlich ein schöner Goldesel, mit einer sicheren Rendite von 9 Prozent. Das sind die Interessen, die dahinterstehen.
Der Referentenentwurf, den Sie erwähnt haben und der auch mir bekannt ist, wird nach meiner Lesart nicht helfen. Die Inhousevergabe wird dort explizit abgelehnt. Nun ehrt es mich und meine Fraktion, dass wir in der Begründung des Gesetzentwurfs mit unseren parlamentarischen Initiativen auch erwähnt sind. Besser hätte ich es natürlich gefunden, die Argumente von uns und den kommunalen Spitzenverbänden hätten Sie überzeugt.
Die Inhousevergabe ist nach EU-Vergaberecht möglich. Und das ist auch kein Blankoscheck, Herr Kollege, das ist kommunale Selbstverwaltung ‑ kommunale Selbstverwaltung, wie sie das Grundgesetz garantiert. Und genau die wollen wir stärken.
Es ist richtig, dass kommunale Belange berücksichtigt werden sollen, aber auch nur dann, wenn sie den marktfreundlichen Zielen nicht widersprechen. Im Ergebnis bleibt es für die Kommunen unklar; im Ergebnis wird das weiter vor den Gerichten ausgetragen. Ich kann die große Verbesserung für die Kommunen an dieser Stelle beim besten Willen nicht erkennen.
Anderswo ‑ ich komme zum Schluss ‑ ist die Debatte schon weiter. Zum Beispiel hat das Land Berlin beschlossen, das Land möge im Bundesrat für klarere rechtliche Regelungen einschließlich der Möglichkeit der Inhousevergabe eintreten. Dieser Empfehlung einer Enquete-Kommission haben alle Fraktionen zugestimmt, außer der Union, aber auch der SPD, die in Berlin wie im Bund mit der CDU gemeinsam regiert. Also: Fassen Sie sich bitte ein Herz: Stimmen Sie heute unserem Antrag zu! Die Kommunen werden es auch Ihnen danken.
Vielen Dank.