Gemeinnützigkeit statt Wohnraumspekulation
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich muss feststellen: Das Eigenlob, das sich die Union für die Wohnungspolitik ausstellt, steht in krassem Gegensatz zur realen Mietentwicklung in Deutschland und zur Wahrnehmung der Menschen. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.
Ich frage mich, ob Sie es schon mitbekommen haben: Wir haben in deutschen Großstädten in den letzten fünf Jahren Mietsteigerungen von 30, 40 oder 50 Prozent. Daran haben weder Ihr Bündnis für bezahlbares Wohnen noch das Mietpreisbremschen irgendetwas geändert, nicht zuletzt dadurch, dass die gute Idee der Mietpreisbremse von Ihrer Fraktion so durchlöchert wurde, dass sie am Ende zum Rohrkrepierer wurde. Wenn Sie nach diesem Vorgang jetzt die Länder beschimpfen, sie würden sie nicht schnell oder gut genug umsetzen, dann kann ich nur lachen.
Abgesehen davon gibt es auch einige unionsgeführte Länder, die bis heute die Umsetzung der Mietpreisbremse verweigern. Sie sind wirklich nicht in der Position, mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Ich denke manchmal, man müsste Sie einfach einmal mitnehmen. Machen wir doch eine Exkursion, um zu sehen, was auf dem deutschen Wohnungsmarkt los ist. Dafür müssen wir nicht weit gehen. In Berlin, etwa 200 Meter vom Deutschen Bundestag entfernt, gibt es in der Wilhelmstraße ein großes Mietwohnhaus mit 100 Wohnungen zu einem Mietpreis von 5 Euro pro Quadratmeter. Dieses Haus soll jetzt abgerissen werden. Dort sollen Luxuseigentumswohnungen entstehen, von denen die billigste eine halbe Million Euro kostet. Das ist doch völliger Unsinn. Da greifen sich die Leute zu Recht an den Kopf.
Das Problem ist, dass der Wohnungsmarkt in Deutschland zu einem Eldorado für Spekulanten und große private Anbieter geworden ist. Das wollen wir ändern.
Sie fordern immer: Bauen! Bauen! Bauen! - Bauen alleine ist aber kein Programm. Es wird schon ganz schön viel gebaut in Deutschland. Es wird für Reiche und für Besserverdienende gebaut. Aber niemand baut für Studierende, Rentner, Erwerbslose und Familien mit kleinem Einkommen. Genau darum geht es doch. Selbst kommunalen Unternehmen wird zunehmend vorgeworfen, dass sie nicht mehr für die soziale Versorgung einstehen. Ich kann nur sagen: Die Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit war ein großer Fehler der Vergangenheit. Diesen Fehler wollen wir korrigieren. Wir müssen endlich wieder eine zweite Säule auf dem Wohnungsmarkt schaffen.
Es geht im wahrsten Sinne des Wortes ums Prinzip. Der Markt alleine richtet es hier offenbar nicht. Der Markt alleine hat nicht dafür gesorgt, dass Wohnen bezahlbar bleibt. Der Markt alleine hat dafür gesorgt, dass die Renditen privater Investoren zunehmend in die Höhe steigen. Deshalb brauchen wir eine zweite Säule der Gemeinnützigkeit. Ich möchte Sie bitten, unseren Antrag wirklich zu lesen. Nicht nur kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, sondern auch private Initiativen würden davon profitieren. Also hören Sie bitte auf, einen Popanz aufzubauen und zu sagen, wir Linken wollten wieder verstaatlichen und die DDR einführen. Sie haben unseren Antrag nicht gelesen. Machen Sie bitte Ihre Hausaufgaben!
Das Prinzip der Gemeinnützigkeit ist deutlich und klar. Gemeinnützige Unternehmen verzichten auf hohe Renditen. Sie verpflichten sich der Sozialbindung und dem Allgemeinwohl. Dafür bekommen sie steuerliche Anreize, steuerliche Privilegien im Gegenzug für soziale Verpflichtungen. Was Sie mit Ihrem Gesetzentwurf, über den wir in zwei Wochen beschließen sollen, planen, ist das glatte Gegenteil. Herr Schäuble verfolgt das gegenteilige Modell: steuerliche Privilegien ohne soziale Verpflichtung. Das ist doch völliger Unsinn.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie wollen ein Gesetz beschließen, das faktisch Steuerausfälle in Milliardenhöhe für die Länder bedeutet. Die Wohnungen, die mithilfe steuerlicher Anreize gebaut werden sollen, gehören uns am Ende nicht. Die Sozialbindung entfällt nach zehn Jahren. Auch Mietobergrenzen soll es nicht geben. Das, was die Koalition, vor allem die Union, plant, ist Geldverschwendung in Milliardenhöhe. Das ist keine neue Gemeinnützigkeit. Nur eine neue Gemeinnützigkeit wird dafür sorgen, dass Wohnen in Deutschland langfristig bezahlbar bleibt.
Stimmen Sie also dem guten Vorschlag der Linken zu, und lassen Sie uns gemeinsam eine neue Gemeinnützigkeit einführen.
Vielen Dank.