Ja zu lebendigen Wohngebieten, nein zu Zersiedlung und Flächenfraß
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ferienwohnungen an der Nord- und Ostseeküste ermöglichen vielen Familien mit kleinem, mit mittlerem Einkommen einen preiswerten Urlaub für die schönsten Wochen im Jahr. Und für viele Einheimische ist der Tourismus ein willkommener Zuverdienst, manchmal sogar die Lebensgrundlage. Leider haben diverse Gerichtsurteile dafür gesorgt, dass nun quasi Tausende Ferienwohnungen an der Küste in die Rechtsunsicherheit, zum Teil in die Illegalität gedrängt wurden. Viele Menschen fürchten um ihre Einkünfte. Deswegen sagen auch wir Linken: Wir brauchen Rechtssicherheit für die betroffenen Ferienwohnungen.
Wir wissen aber zugleich, dass es auch Missbrauch mit Ferienwohnungen gibt. An den Küsten haben wir beispielsweise oft das Problem, dass Zweitwohnungen, die nur wenige Wochen im Jahr genutzt werden, dafür sorgen, dass die auch dort zum Teil angespannten Wohnungsmärkte weiter belastet werden. Viele Menschen, die dort in der Gastronomie arbeiten, ein kleines Einkommen haben, finden in den Küstenorten gar keine Wohnungen mehr. Wir haben das Problem mit langweiligen sogenannten Rollladensiedlungen, die Städte und Dörfer veröden lassen, und wir erleben vor allen Dingen in den Großstädten, dass es massive Probleme mit dem enormen Missbrauch von Wohnungen als Ferienwohnungen gibt, was die Wohnungsmärkte weiter anspannt. Deswegen finden wir es richtig, dass die Kommunen eine Handhabe haben, dies zu regulieren; denn sie können am besten entscheiden, ob es sinnvoll ist, Ferienwohnungen zuzulassen, oder ob einfach ein Missbrauch vorliegt.
Meine Damen und Herren, wir begrüßen auch einen weiteren wichtigen Punkt, nämlich dass die Planungsverfahren beschleunigt werden und gleichzeitig die Umweltverträglichkeitsprüfungen gestärkt werden. Auch das findet unsere Unterstützung.
Jetzt zum zentralen Punkt des Vorhabens, zu den sogenannten Urbanen Gebieten. Wir wollen - ich denke, wir sind uns darin sicherlich einig -, lebendige Städte mit kurzen Wegen, in denen Wohnen, Arbeiten, Erholung, Gastronomie und Kultur sowie kleine Handwerksbetriebe nebeneinander ihren Platz haben können. Das entspricht heute für viele dem Idealbild. Wir wollen nicht mehr Städte, wo das Wohnen an einem Ort stattfindet und das Arbeiten, verbunden mit langen Wegen, an anderer Stätte, wo es nachts langweilig ist und wo man die Bürgersteige hochklappen kann. Die beliebten Gründerzeitviertel in den Großstädten garantieren beispielsweise genau dieses Leben. Sie sind deswegen so beliebt und für viele das Idealbild. Heute könnten sie so gar nicht mehr genehmigt werden, weil das Baurecht es gar nicht mehr zulässt. Deswegen ist es richtig, für diese Art von lebendigen Wohnvierteln eine Gesetzesgrundlage zu schaffen.
Ich denke, angesichts der Mietenexplosion in den Großstädten ist es unausweichlich, dass wir Brachflächen bebauen, dass wir sie dichter als bisher bebauen, dass wir Bahngelände bebauen. Von daher ist es richtig, entsprechende innerstädtische Flächen zu aktivieren und dichter und auch höher bauen zu können.
Diskutiert werden „Urbane Gebiete“ aber vor allen Dingen im Zusammenhang mit dem Thema Lärm. Ich bin froh, dass für bestehende Wohn- und Mischgebiete die derzeitigen Regeln weitergelten werden. Es muss also niemand, der jetzt in einem ruhigen Wohngebiet wohnt, befürchten, dass es bei ihm lauter wird; das ist gut so. Ich finde gleichzeitig: Wer in die Nähe von bestehendem Kleingewerbe, von bestehenden Bars, Klubs und Diskotheken zieht, der muss auch bereit sein, eine höhere Lärmbelastung zu akzeptieren. Er wird andererseits ja mit einem lebendigen Stadtteil belohnt. Deswegen sagen auch wir: Ja, wir brauchen einen Bestandsschutz für bestehende Bars, für bestehendes Kleingewerbe, für bestehende Klubs und Diskotheken.
Die Frage ist aber aus meiner Sicht, wie wir die Lärmkonflikte, die es hier geben wird, lösen. Da hat die Regierung, finde ich, in ihrem Entwurf auf das falsche Pferd gesetzt. Sie sagen zwar „man könnte“, „man müsste“ und „alles toll“, aber im Gesetzentwurf steht bisher etwas anderes; dort steht, man wolle die Lärmschutzgrenzen pauschal nach oben setzen. Ich finde, da setzen Sie auf das falsche Pferd. Es gibt viele technische Möglichkeiten. Es gibt zum Beispiel das sogenannte Hamburger Fenster. Es gibt die Möglichkeit, in den Bebauungsplänen entsprechende Vorschriften zu machen.
Das wäre im Interesse der Mieterinnen und Mieter und letztlich auch im Interesse des bestehenden Gewerbes, weil es die Lärmkonflikte minimieren würde. Ich glaube, darüber werden wir im weiteren Verfahren noch sprechen müssen. So, wie es jetzt im Gesetzentwurf steht, finde ich es falsch.
Ebenso falsch und kontraproduktiv ist der letzte Punkt; er wird dazu führen, dass wir als Linke dem so nicht zustimmen können. Auf den letzten Metern hat nämlich eine Regelung in den Gesetzentwurf Eingang gefunden, die es ermöglichen würde, dass die Außenbereiche von Städten und Dörfern im Eilverfahren bebaut werden.
Das hat die CSU ja nachträglich durchgesetzt. Das Ziel dieser Novelle, nämlich die Innenstadtentwicklung zu stärken, wird durch diesen Paragrafen völlig konterkariert. Wir müssen die weitere Zersiedlung und den weiteren Flächenfraß verhindern.
Frau Hendricks, Sie haben sich selber mit den Worten zitieren lassen, dass dies im Widerspruch zu allen umweltpolitischen Bemühungen steht. Sie haben gesagt, Sie könnten es in keiner Weise akzeptieren. Sie haben dann auch Ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass diese Änderung, auf den letzten Metern von der CSU durchgesetzt, keine Mehrheit finden wird. Das finden wir auch. Diese Änderung lehnen wir ab. Wir werden dazu auch einen Änderungsantrag einbringen. Dann, meine Damen und Herren, wird es auch an Ihnen liegen, ob der Wunsch von Frau Hendricks hier eine Mehrheit finden wird.
Vielen Dank.