Mieter vor Profitinteressen endlich schützen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In deutschen Großstädten sind die Mietpreise in wenigen Jahren um 30 oder 40 Prozent, in Berlin und Augsburg sogar um über 50 Prozent gestiegen. Eine bessere Anlage als in Mietwohnungen können sich viele im Moment überhaupt nicht vorstellen. Das Einzige, was bei diesem sagenhaften Beutezug von Spekulanten durch unsere Städte und durch die Portemonnaies der Mieterinnen und Mieter stört, sind die Altmieter, die alte und deswegen günstige Mietverträge haben. Ich finde, diesen sagenhaften Beutezug durch unsere Städte und durch unsere Portemonnaies müssen wir hier endlich stoppen.
Findige Vermieter setzen aber alles daran, Mieterinnen und Mieter mit alten Mietverträgen rauszuekeln, wie sie und wo sie nur können. Ein prominentes Beispiel - vielleicht das prominenteste Beispiel - ist der Fall des Karl-Heinz Gerigk aus Köln, genannt Kalle. Er sollte nach über 30 Jahren seine Wohnung im beliebten Kölner Agnesviertel verlassen, weil der Vermieter ihm eine Eigenbedarfskündigung geschickt hatte, mit der Begründung, er wolle dort mit seiner Freundin einziehen. Der Vermieter hat die Kündigung verschickt und gleichzeitig die Wohnung im Internet zum Kauf angeboten. Offenbar wollte er sich da wohl kein neues Nest bauen, sondern es ging ihm darum, die Wohnung möglichst teuer zu verkaufen - da konnte er ohne Kalle offenbar mehr Geld bekommen. Trotzdem musste Kalle diese Wohnung verlassen. Ich finde, das sind Verhältnisse, bei denen man sagen muss: So geht es einfach nicht.
Die Zahl solcher Eigenbedarfskündigungen ist rasant angestiegen: Über 40 000 waren es im vorletzten Jahr. Das ist eine ganze Kleinstadt von Mieterinnen und Mietern, denen wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Die Begründungen werden immer absurder: Da soll mal ein Au-pair-Mädchen einziehen, jemand braucht ein Arbeitszimmer in seiner Zweitwohnung, entfernteste Verwandte werden plötzlich in der Begründung des Eigenbedarfs angegeben - und das alles nur, um alteingesessene Mieter aus ihren Wohnungen zu schmeißen. Ich finde, es ist höchste Zeit, Mieterinnen und Mieter vor solchen Kündigungen besser zu schützen.
Leider haben viele Gerichtsurteile die Situation für Mieter verschlechtert. Beispielsweise sollen jetzt auch Unternehmen Eigenbedarfskündigungen aussprechen können. Es ist doch, ehrlich gesagt, völlig absurd, dass jetzt jeder, der Mitglied einer GbR ist, plötzlich Eigenbedarf anmelden kann.
Noch absurder ist das hier: Wenn ein Mieter beim Vermieter Schulden hat, dann kann er eine fristlose Kündigung dadurch abwenden, dass er den Ausstand bezahlt, aber eine ordentliche Kündigung kann er dadurch nicht abwenden. Deswegen schicken dann findige Vermieter gleich beide Kündigungsformen gleichzeitig raus, und, schwups, sind sie die unliebsamen Mieter los.
Es häufen sich Urteile, die es für rechtmäßig erklären, dass Mieter, die wegen Schäden eine Mietminderung geltend gemacht haben, aus ihren Wohnungen geworfen werden. Ich muss sagen: Es darf doch einfach nicht wahr sein, dass ein Mieter, der sein Recht auf Mietminderung geltend macht, danach die Kündigung bekommt. Dem müssen wir einen Riegel vorschieben.
Eines ist doch klar: Je mehr wir den Kündigungsschutz für die Mieter verbessern, desto besser schützen wir unsere Städte vor Spekulation. Und das sollten wir dringend tun, meine Damen und Herren.
Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen: die Mietpreisbremse. Es müsste doch völlig unstrittig sein, dass hier dringend nachgebessert werden muss; denn selbst dort, wo sie überhaupt eingeführt wurde, stiegen die Mieten weiter, in Berlin zum Beispiel um 17 Prozent in nur einem Jahr.
Meine Damen und Herren, diese Mietpreisbremse ist ein Rohrkrepierer. Hier rächen sich einfach die zahlreichen Ausnahmen, die die Union auf Druck der Immobilienwirtschaft damals in das Gesetz hineinverhandelt hat. Da gibt es Ausnahmen beim Neubau, Ausnahmen für möblierte Wohnungen, Ausnahmen bei Modernisierungen. Ich will klipp und klar sagen: Mit all diesen Ausnahmen kann eine Mietpreisbremse nicht funktionieren. Alle diese Ausnahmen müssen gestrichen werden.
Der Deutsche Mieterbund fand in einer eigenen Studie heraus, dass 70 bis 95 Prozent aller neuen Wohnungsangebote über dem lagen, was die Mietpreisbremse für zulässig erklärt. Welche Konsequenzen hat das? Keine. Was ist denn das für ein Gesetz, gegen das zu 95 Prozent verstoßen werden darf, ohne dass irgendetwas passiert? Es kann doch nicht sein, dass einem Vermieter keinerlei Strafe droht, wenn er sich nicht an Gesetze hält. Das Umgehen der Mietpreisbremse ist Betrug am Mieter, und das muss auch wie Betrug geahndet werden.
Wir brauchen einfach wirkungsvolle Strafen. Und es muss, wie ich finde, auch das, was zu viel eingezogen wurde, vom ersten Tag an zurückgezahlt werden. Ich finde auch gut, was Herr Maas vorschlägt, was die Grünen wollen. Auch wir fordern, dass man ein Recht darauf hat, die Miete des Vormieters zu kennen. Das sollte doch völlig unstrittig sein - übrigens auch bei der Union. Aber das reicht leider als Nachbesserung bei weitem nicht aus, wenn die Mietpreisbremse wirklich funktionieren soll. Aber selbst zu dieser banalen Verbesserung ist die Koalition einfach nicht in der Lage.
Ich muss sagen: Diese schlechte Politik in Bezug auf Wohnen, diese Vernachlässigung von Mieterrechten führt im Endeffekt dazu, dass arme und alte Menschen an die Stadtränder verdrängt werden. Das führt zur Enteignung der städtischen Mittelschichten. Und beides wollen wir nicht. Es wäre so viel mehr nötig, Stichwort „zweite Mietrechtsnovelle“. Auch da ist viel angekündigt worden, aber hier ist nichts eingebracht worden. Wir brauchen aus meiner Sicht dringend eine Abschaffung der Modernisierungsumlage, die nur teure und sinnlose Modernisierungen befördert. Das darf einfach nicht sein.
Wir müssen bei den Mietspiegeln nachbessern. Auch das haben wir beantragt. Wir haben bisher allein fünf Debatten zum Mietrecht und insgesamt elf Debatten zur Wohnungs- und Mietenpolitik geführt. Von der Koalition kam nur ein Gesetz zur Mietpreisbremse, bei dem außer der Überschrift einfach nichts stimmt. Das ist Ihre Gesamtbilanz. Da frage ich mich: Wollen Sie mit dieser Bilanz nach vier Jahren hier rausgehen? Das darf ja wohl nicht wahr sein.
Ich weiß natürlich, dass es an der CDU liegt. Sie wollen ja gar nicht, dass die Mietpreisbremse wirkt. Sie wollen ja freie Fahrt für Spekulanten. Das ist Ihnen wichtiger als der Schutz der Mieterinnen und Mieter. Das einzig Gute daran ist, dass hoffentlich kein Mieter Sie im September mehr wählen wird. Gott sei Dank sind die in diesem Land immer noch in der Mehrheit.
Ich sehe die SPD leider nicht sonderlich kämpfen. Das finde ich schade. Ich finde nicht, dass man so viel. Sie haben ja außer der Mietpreisbremse gar nichts durchgesetzt. Wo ist denn Ihr Kampf? Sie haben doch hier die Mehrheit für eine Nachbesserung der Mietpreisbremse. Lassen Sie uns die doch gemeinsam nutzen.
Meine Damen und Herren, zu guter Letzt: Neben einer guten Mietpreisbremse brauchen wir auch eine richtige Bodenpreisbremse. Auch hier müssen wir einmal einen Riegel vorschieben. Und wir brauchen einen besseren Kündigungsschutz für Gewerbemieten. Was den Mietern passiert, passiert ja auch den kleinen Läden. Sie haben es vielleicht hier in Berlin beim Café Filou, bei der Buchhandlung Kisch & Co. oder auch bei Bantelmann mitbekommen. Alle diese Läden, die seit Jahren die Stadtteile prägen, sind jetzt vom Rausschmiss bedroht. Das dürfen Sie nicht zulassen. Wir brauchen einen besseren Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter und auch für die kleinen Läden.
Vielen Dank.