Regierung setzt sich zu wenig gegen steigende Mieten ein
Seitdem 2015 die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip bei Maklerkosten eingeführt wurden, hat sich wohnungspolitisch nur noch wenig für Mieter getan. So kommt die zweite Mietrechtsnovelle seit Monaten nicht voran, mit der das soziale Mietrecht verbessert werden soll. Entsprechend enttäuscht zeigt sich Caren Lay von Die Linke von der Wohnungspolitik der schwarz-roten Koalition.
Ein Interview für finanzen.de von Anja Schlicht
Caren Lay würde die Mietpreisbremse gerne als vollen Erfolg bezeichnen. Doch schon allein aufgrund vieler Ausnahmen und fehlender Sanktionen für Vermieter funktioniert die Regelung für die mieten-, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke nicht. Auch sonst kann sie der Wohnungspolitik der Großen Koalition nur wenig Gutes abverlangen. Warum, erläutert Lay im Gespräch mit finanzen.de und erklärt, welche Rolle einflussreiche Lobbyisten bei der stockenden Umsetzung weiterer Verbesserungen für Mieter haben.
Frau Lay, die Mietpreisbremse wurde im Juni 2015 eingeführt, um überzogene Mieterhöhungen nach einem Mieterwechsel zu vermeiden. Sie bezeichnen die Mietpreisbremse jedoch als Rohrkrepierer, dabei zeigen Urteile wie das des Landgerichts Berlin (Az.: 65 S 424/16), dass die Bremse wirkt. Woher rührt Ihre Kritik?
Caren Lay: Selbstverständlich begrüßen wir die Gerichtsurteile, die dazu führen, dass Mieterinnen und Mieter weniger Miete zahlen. Unter einer funktionierenden Mietpreisbremse stellen wir uns aber etwas mehr vor.
Die Kritik, welche Die Linke übrigens schon vor Einführung des Gesetzes angebracht hat, war, dass die Mietpreisbremse zu viele Ausnahmen enthält. Neubau, möblierte und modernisierte Wohnungen sind komplett ausgenommen. Zudem wurde sie nicht flächendeckend eingeführt. Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten, müssen keinerlei Strafen befürchten. Wir haben schon damals gesagt: Das kann nicht gut gehen.
Gerne würde ich im Sinne der Mieterinnen und Mieter sagen, dass wir uns geirrt haben und die Mietpreisbremse ein voller Erfolg ist. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Mieten steigen nicht nur trotz Mietpreisbremse weiter, das Gesetz wird auch noch ignoriert. Erst kürzlich fand das Institut der deutschen Wirtschaft heraus: Fast zwei Drittel aller Wohnungsinserate lagen in Berlin über der zulässigen Höchstmiete.
Wie müsste die gesetzliche Regelung Ihrer Meinung nach gestaltet sein, damit Mieterinnen und Mieter wirksam vor steigenden Wohnraumkosten geschützt werden?
Caren Lay: Neben einer ausnahmslosen und flächendeckenden Mietpreisbremse brauchen wir endlich empfindliche Sanktionen für Vermieter, die gegen das Gesetz verstoßen. Denn die gibt es nicht. Besonders in den Brennpunkten spekulieren viele Vermieter mit der Verzweiflung der Wohnungssuchenden, die fast jeden Preis zahlen. Justizminister Heiko Maas kündigt zwar seit einem Jahr regelmäßig eine Verschärfung der Mietpreisbremse an, aber leider immer nur kurz vor wichtigen Landtagswahlen. Er möchte eine Auskunftspflicht über die Vormiete, damit diese besser eingeklagt werden kann. Transparenz ist schön und gut, aber auch das bekämpft nur die Symptome und lässt die Verantwortung bei den Mieterinnen und Mietern. Aber selbst etwas mehr Transparenz ist mit der Union offenbar nicht zu machen.
Ich finde: Wer gegen ein Gesetz verstößt, der muss bestraft werden. Das ist doch bei jedem Ladendiebstahl so. Es ist mir ein Rätsel, warum das bei der Mietpreisbremse nicht passiert. Die Linke hat regelmäßig Anträge zur Mietenpolitik eingebracht, die jedoch alle abgelehnt wurden.
Seit Monaten gibt es bei der zweiten Mietrechtsnovelle kein Vorankommen. Mit ihr sollen unter anderem die Mietpreise der letzten acht statt derzeit vier Jahre bei den Mietspiegeln berücksichtigt sowie Modernisierungskosten jährlich nur noch zu acht und nicht wie bisher elf Prozent auf Mieter umgelegt werden. Warum stockt der Gesetzentwurf?
Caren Lay: Immer, wenn Gesetze erlassen werden, die gut laufende Geschäfte gefährden, klingeln bei einflussreichen Lobbyisten die Alarmglocken. Die Union lässt sich dafür leider einspannen und setzt dann alles daran, um diese Gesetze aufzuweichen, zu verzögern oder am besten ganz zu kippen. Das haben wir auch bei der Mietpreisbremse erlebt. Im ursprünglichen Entwurf waren zahlreiche Ausnahmen noch nicht enthalten.
Das wiederholt sich jetzt bei der zweiten Mietrechtsnovelle. Die aufgeführten Punkte schmälern den üppigen Profit. Dadurch, dass die Miete nach Sanierung dauerhaft erhöht werden kann, auch wenn die Sanierung längst abgezahlt ist, zahlt am Ende die Mieterin oder der Mieter die ganze Zeche und es ist eine Einladung zu teuren, aber oft sinnlosen Modernisierungen. Auch ein breiter aufgestellter Mietspiegel bedeutet, dass mehr und auch günstigere Mieten mit eingerechnet werden und Vermieter Mieten geringer erhöhen können.
Uns Linken gehen die Forderungen der zweiten Mietrechtsnovelle nicht weit genug. Wir wollen die Modernisierungsumlage komplett abschaffen. Es ist völlig unverständlich, dass selbst dieser weiche Gesetzentwurf von der Union blockiert wird und die SPD nicht darum kämpft.
Wie bewerten Sie insgesamt die Wohnungspolitik der schwarz-roten Regierung in dieser Legislaturperiode? Welche Verbesserungen hätten aus Ihrer Sicht unbedingt umgesetzt werden müssen?
Caren Lay: Wenn ich Schulnoten geben müsste, würde ich sagen: 5, also mangelhaft. Tatsächlich hat diese Bundesregierung in vier Jahren neben einer nicht funktionierenden Mietpreisbremse nur noch eine viel zu geringe Erhöhung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau geschafft. Es ist gut, dass nun eine Milliarde Euro mehr für den Bau von Sozialwohnungen zur Verfügung steht, aber es nützt offenbar nichts, weil das Geld größtenteils zweckentfremdet wird. Neben ein paar tausend Sozialwohnungen mehr pro Jahr fallen immer noch zehntausende aus der Sozialbindung, sodass wir immer noch ein Minus von 45.000 Sozialwohnungen jährlich haben.
Neben wirksamen Gesetzen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern brauchen wir auch den Neustart im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau. Zudem ist es notwendig, dass Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nicht mehr nach Höchstpreisverfahren, sondern danach vergeben werden, ob dort günstig gebaut und vermietet wird.
Vielen Dank für das Interview, Frau Lay.