Rassistische Gewalt ist die größte Bedrohung für die Demokratie
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am vergangenen Montag fand ich vor meinem Büro in Bautzen einen großen Blutfleck. Dahinter steckte eine geschmacklose Aktion, die sich nicht nur gegen mich, sondern auch gegen die Büros von CDU, SPD und Grünen richtete. Auf Twitter bekannte sich die sogenannte Identitäre Bewegung dazu, eine Bewegung, die der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron für eine - Zitat - „tolle Organisation“ und eine „Vorfeldorganisation der AfD“ hält. Das sind Ihre Freunde!
Der Vorfall am Montag war der 28. Angriff auf meine Büros im Landkreis Bautzen. In der Vergangenheit ging es um Schmierereien mit der Aufschrift „Judenbüro“, um Hakenkreuze, um zerschlagene Fensterscheiben, um Farbanschläge, Hausfriedensbruch, aber auch persönliche Bedrohungen meiner Gäste, meiner Mitarbeiter und von mir persönlich.
Nur in einem einzigen Fall kam es zu einer Festnahme. Das, meine Damen und Herren, ist erschreckend.
Auch Politikerinnen und Politiker anderer Parteien werden von militanten Rechten bedroht. Bereits erwähnt worden ist die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker von der CDU.
Sie ist parteilos, Entschuldigung. Aber auch Christoph Bergner, CDU-Bundestagsabgeordneter, Dr. Karamba Diaby von der SPD oder der Kollege Sebastian Striegel von den sächsischen Grünen waren von rechter Gewalt betroffen. Es gibt unzählige Beispiele.
Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion geht hervor: Bis September dieses Jahres gab es 111 Angriffe auf Bundestagsabgeordnete und ihre Büros. Die Verhältnisse sind sehr klar: 93 davon wurden von Rechtsextremen begangen, 18 von Linksextremen. Jeder dieser Angriffe ist ein Angriff zu viel.
Die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den zum Teil schlimmen und lebensgefährlichen Angriffen, denen andere Menschen ausgesetzt sind. Ich spreche hier von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten, alternativen Jugendlichen und Obdachlosen. Diese rassistische Gewalt ist das größte Problem, das unsere Demokratie bedroht.
Es gab allein im letzten Jahr fast 1 000 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und 2 500 weitere Angriffe auf Geflüchtete. An dieser Stelle vermisse ich die Empörung der AfD.
Ihre Bundestagsfraktion ist ja nicht gerade zimperlich. Es ist erwähnt worden: Der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner postete ein Foto von einer Machete und bedrohte das Zentrum für Politische Schönheit. Schon im Juli dieses Jahres gab es ein Foto von einer Steinschleuder mit dem Hashtag „Neuerwerb!“. Das, meine Damen und Herren, ist völlig inakzeptabel.
19 Mitglieder der AfD-Bundestagsfraktion und 33 Landtagsabgeordnete Ihrer Partei waren Mitglieder einer Facebook-Gruppe mit dem Namen „Die Patrioten“. Dort wurde ein Foto gepostet, das Anne Frank - ein Mädchen, das von Nazis ermordet wurde - auf einem Pizzakarton zeigte, mit einem Schriftzug, der so ekelhaft ist, dass ich ihn an dieser Stelle nicht zitieren kann. Das ist so was von geschmacklos und menschenverachtend, meine Damen und Herren! Schämen Sie sich!
Wer darüber nicht reden und sich davon nicht distanzieren will, der soll aufhören, sich hier als Opfer zu inszenieren. Das ist einfach scheinheilig.
Das ist übrigens der Grund, warum Menschen vor Ihrem Parteitag demonstrieren. Dafür gibt es auch gute Gründe.
Gewalt, meine Damen und Herren, insbesondere gegen Personen, lehnen wir Linke unmissverständlich ab. Gewalt ist kein Mittel der Politik, schon gar nicht von linker Politik.
Dass Sie aber jetzt so tun, als sei diese Demonstration eine linksextremistische Veranstaltung gewesen, geht nicht. Mit dabei waren Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, der Muslime, der Gewerkschaften und Überlebende des Holocaust. Sie alle haben Grund, sich Sorgen zu machen und gegen Ihren Parteitag zu demonstrieren.
Und warum? Weil die AfD und ihr Umfeld diese Gesellschaft spaltet und weil Sie Hass schüren. Sie machen Geflüchtete zu Sündenböcken für eine gescheiterte Sozialpolitik. Sie stellen Migrantinnen und Migranten als Kriminelle dar. Sie tun so, als würde es in Großpostwitz kein größeres Problem als die Burka geben oder als würde in Kleinwelka die Einführung der Scharia kurz bevorstehen. Hören Sie endlich auf damit! Hören Sie auf, Hass zu schüren! Lassen Sie Ihre scheinheiligen Anträge sein!
Vielen Dank.