Wer arm ist, findet keine Wohnung
Insgesamt fehlen in den 77 deutschen Großstädten rund 2 Millionen Wohnungen – das belegt eine aktuelle Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Steigende Mieten und der Mangel an bezahlbaren Wohnungen treffen in erster Linie Haushalte mit geringen Einkommen. Je weniger Geld ein Haushalt zur Verfügung hat, desto seltener gelingt es, überhaupt noch eine Wohnung zu finden. Es herrscht eine soziale Versorgungslücke. Zeitgleich nimmt die Spekulation mit Wohnraum und Grundstücken immer mehr zu. Wohnen ist zu einer zentralen sozialen Frage geworden.
"Bauen, Bauen, Bauen", ruft die Baulobby. Auch die Bundesregierung setzt im Wesentlichen auf den Neubau von Wohnungen. Doch was und für wen wird aktuell gebaut? Die meisten Wohnungen sind Eigentumswohnungen. Wenn Mietwohnungen gebaut werden, dann in höheren Preisbereichen. Das können sich Familien mit mittleren Einkommen nicht leisten und schon gar nicht Familien und Alleinstehende mit niedrigen Einkommen. Für diese Menschen, immerhin eine Mehrheit der Bevölkerung vieler Städte, wird kaum gebaut. Wir brauchen deshalb dringend einen Neustart im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau. Der Bund muss auch nach 2019 dafür in der Verantwortung bleiben.
Doch Wohnungsarmut hat zwei Quellen: steigende Mieten und stagnierende Löhne. Einerseits explodieren die Immobilienmärkte, die Bodenspekulation treibt die Preise bis zu 1.000 Prozent nach oben, die Mieten in Großstädten stiegen seit 2004 um fast 50 Prozent. Andererseits stagnieren die Löhne und Gehälter seit langem. Um überhaupt noch eine Wohnung in der Nähe zu finden, sind immer mehr Menschen gezwungen bis zur Hälfte ihres Einkommens für ihre Miete auszugeben. Das überschreitet die empfohlene Grenze von 30 Prozent des Einkommens deutlich. 2017 betraf das bereits vier von zehn Mieterinnen und Mietern in Großstädten, wie eine Studie derselben Autoren zeigte.
Der Trend zu geringen Löhnen bei steigenden Mieten muss umgekehrt werden. Wir brauchen höhere Löhne und Renten ebenso wie eine Deckelung der Mieten.