Verbraucher endlich besser schützen - Finanzmärkte regulieren

02.07.2010
Caren Lay, DIE LINKE: Verbraucher endlich besser schützen - Finanzmärkte regulieren

Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Ich muss mich schon sehr darüber wundern, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Koalition heute der Linken einen Schnellschuss vorwerfen. Wie lange wollen Sie eigentlich noch warten, bis Sie endlich handeln?
Die Lehman-Pleite ist zwei Jahre her, und die zweite Finanzkrise liegt mehrere Monate zurück. Expertinnen und Experten sprechen von der größten Wirtschafts- und Finanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Da muss ich mich fragen: Wie lange will die Koalition noch warten, bis sie endlich handelt?

Die Menschen erwarten von uns als Politikerinnen und Politikern, dass wir die Finanzmärkte regulieren und uns mit der Finanzlobby anlegen. Ich bin froh, dass wir, die Linke, die Initiative ergriffen haben.

Alle Fraktionen haben inzwischen Anträge und Vorschläge auf den Tisch gelegt, nur die Koalition lässt auf sich warten. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin es leid, zum wiederholten Male zu hören, dass ein Antrag kommt entweder vor oder nach der Sommerpause und Gesetzentwürfe in irgendwelchen Schubladen herumliegen. So lange können wir nicht warten. In der Politik zählen nicht Ankündigungen, sondern Taten.

Wir sind es in vielen Bereichen gewohnt, dass die Regierung Murks macht und nicht regiert. Aber die Menschen leiden unter Ihrer Untätigkeit. Viele verlieren ihre Arbeit. Viele verlieren ihr Vermögen, so sie welches haben.
Allein durch schlechte Finanzberatung werden Verbraucherinnen und Verbraucher jährlich um 20 bis 30 Milliarden Euro geprellt. Intransparente Finanzprodukte überschwemmen die Märkte ungehindert, und das immer wieder aufs Neue. Banker kassieren Provisionen, wenn sie unbedarften Anlegern riskante Finanzanlagen aufschwatzen können. Versteckte Kosten machen nicht einmal vor staatlich geförderten Riester-Renten halt. Überhöhte Zinsen bei Dispokrediten treiben Menschen zunehmend in die Überschuldung. Schwarz-Gelb schaut sich das alles tatenlos an und schiebt die vielen versprochenen Reformen vor sich her.

Der Nachholbedarf beim Verbraucherschutz im Finanzbereich ist enorm. Die USA haben bereits beschlossen, eine eigene Verbraucherbehörde einzurichten. Ich betone: die USA, nicht die Sowjetunion.
Schweden und Großbritannien haben den Verbraucherschutz ebenfalls längst wirksam in der Finanzaufsicht verankert. Warum soll das in Deutschland nicht möglich sein? Auch wir brauchen eine effektive Verbraucherbehörde für die Finanzmärkte. Es gibt in Deutschland für fast alles eine öffentliche Kontrolle; an Ämtern mangelt es uns nun wirklich nicht. Aber gerade an der Stelle, wo es dringend nötig wäre, die Märkte im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher zu regulieren, tun Sie nichts. Sie wollen die Verantwortung auf die Bürgerinnen und Bürger abwälzen, weil Sie Angst haben, sich mit der Finanzlobby anzulegen. So sieht es aus.

Meine Damen und Herren,
wir brauchen nicht nur einen Schutzschirm für die Banken, sondern auch einen Schutzschirm für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Deshalb sagen wir als Linke: Der Verbraucherschutz gehört gesetzlich verankert in die Finanzaufsicht. Wir als Linke haben einige gute Vorschläge gemacht, an denen sich die Koalition vielleicht ein Beispiel nehmen könnte.
1. Wir wollen eine gute, unabhängige Finanzberatung durch professionell ausgebildete Berater.
2. Wir wollen einen Ausbau der Finanzberatung bei den Verbraucherzentralen, damit gute Beratung kein Privileg der Reichen ist.
3. Wir wollen einen TÜV für Finanzprodukte; denn Schrottpapiere gehören nicht auf den Markt. Ich weiß nicht, was an dieser Forderung unrealistisch sein soll. Auch die FDP hat sie bislang erhoben.

Über drei Viertel aller Wahlberechtigten sind der Ansicht, dass die Bundesregierung zu wenig für den Verbraucherschutz im Finanzbereich tut. Ich frage mich: Worauf wartet die schwarz-gelbe Bundesregierung noch? Gefragt sind nicht Zögerlichkeit und Klein-Klein, sondern entschlossenes Handeln mit Konzept.

Ich erwarte von der Bundesregierung wesentlich mehr Mut, Entschlossenheit und vor allen Dingen endlich Handlungen.
Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.