Steuergeschenke, die keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir heute verhandeln, ist ein politisches Tauschgeschäft, ein Deal: Jetzt bekommt die Union ihre Steuergeschenke für die Immobilienwirtschaft, in einer Stunde dann die SPD die Mini-Nachbesserung bei der Mietpreisbremse.
In der letzten Legislatur haben sich Union und SPD bei den beiden Gesetzesvorhaben noch wechselseitig blockiert. Heute sollen wir zwei ausgesprochen schlechte Gesetze beschließen. Das ist nun wahrlich kein Fortschritt, meine Damen und Herren!
Schon vor einigen Jahren wollte die Union großzügige Steuergeschenke an Investoren verteilen, damit diese Wohnungen bauen. Was ist daran falsch? Es fehlt auf dem deutschen Wohnungsmarkt nun wahrlich nicht an Geld. Es gibt genug - man könnte auch sagen: zu viel - privates Kapital auf dem Wohnungsmarkt. Es fehlt auch nicht an Investitionen in irgendwelche Wohnungen. Der Wohnungsmarkt boomt schon seit Langem, auch ohne Sonderabschreibung. Es fehlt an bezahlbaren Wohnungen, und zwar in den Ballungszentren. Aber an dieser Lücke fördert dieser Gesetzentwurf zielsicher vorbei; denn die Steuerabschreibungen sollen ja auch dort gelten, wo es schon jetzt zu viele Wohnungen gibt. Eine Mietobergrenze ist nicht vorgesehen.
Nehmen wir mal ein Beispiel: die Stadt Hoyerswerda in meinem Wahlkreis. Dort gibt es jetzt schon eine Leerstandsquote von 10 Prozent. Dort kann man jetzt mit Baukosten von bis zu 3.000 Euro pro Quadratmeter ziemlich teure zusätzliche Wohnungen bauen, sie teuer vermieten, dann auch noch zu einem Drittel von der Steuer absetzen und sie nach zehn Jahren in Eigentumswohnungen umwandeln. Meine Damen und Herren, das muss ja nun wirklich niemand verstehen.
Die Zuschüsse reichen für die Metropolen hingegen nicht. „Die Zeit“ prognostizierte deswegen unter Berufung auf das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung einen Bauboom für teure Wohnungen in ländlichen Gebieten. Sie sprach von „Steuererleichterungen für Luxuswohnungen“, und die brauchen wir wirklich nicht. Ohne eine Mietobergrenze verfehlt dieses Gesetz sein Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wirklich komplett; denn ohne eine Mietobergrenze wird die Förderung abgestaubt und hinterher die Wohnung möglichst teuer vermietet. Das ist doch wirklich völlig nutzlos!
Sie entlarven sich ja selbst: Dieses Gesetz soll rückwirkend gelten, Steuererleichterungen also für Bauanträge ab dem 1. September 2018 geltend gemacht werden können. Das heißt, es geht gar nicht um zukünftige Wohnungen, sondern Sie subventionieren die Wohnungen, die jetzt schon geplant und finanziert sind. Das führt zu teuren Mitnahmeeffekten und zu einem Anstieg der Baupreise. Das ist einfach nur absurd!
Und wem nutzt das alles? Nicht umsonst sprach ein Vertreter der Immobilienwirtschaft von einem Geschenk. Es ist ja auch bald Weihnachten. Es handelt sich um ein Geschenk, das zulasten der Länder und Kommunen geht. Auf meine Kleine Anfrage hin gab die Regierung zu, dass dem Bund und den Ländern dadurch jeweils 1,5 Milliarden Euro und den Kommunen 800 Millionen Euro an Steuern entgehen - Gelder, mit denen sie selbst Wohnungen bauen könnten.
Das gute Beispiel der Stadt Wien zeigt doch, dass eine hohe Zahl städtischer Wohnungen der beste Garant für günstige Mieten ist. Genau das schlagen wir als Linke als Alternative vor. Wir brauchen ein öffentliches Wohnungsprogramm nach Wiener Vorbild. Das ist der richtige Weg!
In der letzten Legislatur hat die SPD dieses ebenso teure wie nutzlose Gesetz, das damals wie heute bei Expertinnen und Experten durchgefallen ist, noch verhindert. Jetzt stimmen Sie zu, auch ohne Mietobergrenze, damit es im Gegenzug zu minimalen Verbesserungen im Mietrecht kommt. Ich finde, das ist ein wirklich schlechter Deal. Das ist ein politischer Kuhhandel im Interesse der Bauwirtschaft, ohne nennenswerten Nutzen für die Mieterinnen und Mieter und zulasten der Kommunen. Das kann man wirklich nur ablehnen!