Für ein soziales Baurecht mit Umwandlungsverbot

28.01.2021
Caren Lay, DIE LINKE: Für ein soziales Baurecht mit Umwandlungsverbot

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der große Zankapfel bei diesem Gesetzentwurf ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen; denn diese Umwandlung boomt gerade auf angespannten Wohnungsmärkten.

In Berlin ist es beispielsweise so, dass im letzten Jahr in den Milieuschutzgebieten so viele Umwandlungen beantragt wurden wie nie zuvor. Die Umwandlung in Eigentumswohnungen ist der neue Goldesel der Immobilienbranche.
Aber für Mieterinnen und Mieter heißt das, dass sie einem ganz anderen Verdrängungsdruck ausgeliefert sind. Das Damoklesschwert der Kündigung schwebt über ihnen.

Am Ende des Tages erwerben - das zeigen Auswertungen - weniger als 1 Prozent der Mieterinnen und Mieter die umgewandelten Wohnungen selbst. Also hier von einer Förderung des Wohneigentums zu reden, das ist wirklich nur vorgeschützt! Es ist bestenfalls Wohneigentum zum Preis der Verdrängung von anderen - und das kann ja wohl wirklich nicht sein!

Deswegen, meine Damen und Herren, muss doch jedem klar sein, der auch nur ein bisschen Mitgefühl hat: Lassen Sie uns die alteingesessenen Mieterinnen und Mieter schützen! Keine Umwandlungen in angespannten Wohnungsmärkten!
Doch nicht so die Union. Ein monatelanges Gezerre ging der Einbringung des Gesetzentwurfes voraus. Nur zu dem Preis einer weiteren Aufweichung wurde er heute überhaupt eingebracht. Selbst heute Morgen noch haben Abgeordnete der Union angekündigt, dass sie weiter den Aufstand gegen dieses sogenannte weiche Umwandlungsverbot wagen wollen.

Aber das heißt im Kern natürlich nichts anderes, als dass Sie diesen Gesetzentwurf insgesamt gefährden, und auch, dass Sie Ihrem eigenen Bauminister in den Rücken fallen.

Ich muss sagen: Er wäre der erste Bauminister, der keine Novelle des Baugesetzbuches hinbekommt. Ersparen Sie Ihrem eigenen Minister diese Blamage!

Sie müssen sich übrigens auch gar keine Sorgen machen, dass Ihren Freunden aus der Immobilienbranche oder der Maklerszene nun dadurch das Geschäft verhagelt würde. Es ist ja nicht so, dass die bestehenden Schlupflöcher geschlossen werden. Im Gegenteil: Es kämen noch neue hinzu. In den Milieuschutzgebieten, also da, wo der Rubel so richtig rollt, da würde sich die Situation für Mieterinnen und Mieter sogar noch verschlechtern. Das ist die Wahrheit!

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz muss an vielen verschiedenen Stellen nachgebessert werden. Kommunen müssen Häuser und Grundstücke leichter erwerben können. Deswegen fordern wir gemeinsam mit dem Mieterbund und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund ein preislimitiertes Vorkaufsrecht.
Vorhin haben - das will ich hier noch sagen - Menschen, betroffene Bürgerinnen und Bürger, über 44 000 Unterschriften vor dem Reichstagsgebäude übergeben. Die SPD war da. Die Grünen waren da. Die Linke war da. Wer nicht da war, war die Union, namentlich Sie, Herr Wegner. Ich finde das wirklich ganz schön traurig, meine Damen und Herren.

Zu guter Letzt: Wenn man ein Baulandmobilisierungsgesetz ankündigt, dann muss man auch Bauland mobilisieren. Dazu brauchen wir Baugebote, die deutlich schärfer sind als das, was jetzt im Gesetz steht. Wir brauchen einen Bodenpreisdeckel. Wir müssen endlich verhindern, dass Bauen immer teurer wird, weil die Spekulation mit Grundstücken zunimmt. Meine Damen und Herren, dieses Gesetz muss dringend nachgebessert werden!

Vielen Dank.

 

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.