Tante Emma muss bleiben!
"Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe die letzte Wahlkreiswoche dafür genutzt, mich mit den Händlerinnen und Händlern in meinem Wahlkreis auszutauschen. Verehrte Frau Strack-Zimmermann, mit Sicherheit nicht das erste Mal. Ich glaube, angesichts des Lockdowns sind wir alle in der Verantwortung, uns in dieser schwierigen Situation mit den Menschen, mit den Händlerinnen und Händlern regelmäßig auszutauschen.
Sehr viele trifft der Lockdown, trifft die Pandemie hart. Viele klagen über ausbleibende Hilfszahlungen, über hohe bürokratische Hürden. Die Zustimmung zur Coronapolitik der Bundesregierung befindet sich in einem dramatischen Sinkflug. Die schnelle Öffnung erscheint vielen leider als der einzige Ausweg. Herr Altmaier, Herr Scholz - beide leider nicht anwesend -, aber das ist auch Ihr Werk. Die verfehlte Coronapolitik stürzt Tausende Händler/-innen tiefer in die Krise, und das ist wirklich ein Trauerspiel.
Ein ganz entscheidendes Momentum sind die Gewerbemieten. Das Bautzener Kornmarkt-Center in meinem Wahlkreis hat die Mietzahlung im Lockdown freiwillig um 50 Prozent reduziert. Das ist vorbildlich. Aber nicht jeder hat das Glück, solch faire Vermieter zu haben. Viele Gewerbetreibende müssen staatliche Hilfen bekommen und sie quasi vollständig für die Gewerbemiete weiterreichen, oder sie müssen vor Gericht ziehen. Wir haben gesehen, auf der jetzigen Rechtsgrundlage entscheiden die Gerichte unterschiedlich. Gleichzeitig bleibt vielen Händler/-innen kein Geld, ihre eigene Miete zu zahlen oder ihnen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das ist nicht gerecht. Wir brauchen Klarheit. Wir brauchen einen Mietenschnitt!
Und ja, die Krise der Innenstädte begann schon lange vor der Pandemie. Insbesondere in ostdeutschen Kleinstädten stehen viele schöne Ladenlokale in den Innenstädten leer. Alles fährt raus zur neugebauten Mall am Stadtrand. In den Großstädten können sich nur noch Ketten und Filialen die Miete leisten. Tante Emma muss für Starbucks weichen. Immer mehr Innenstädte veröden zu herzlosen Konsummeilen. Das ist das Ergebnis von Spekulation und einer verfehlten Stadtentwicklungspolitik. Lassen Sie uns das endlich ändern!
Wenn jetzt das Innenministerium einen Beirat Innenstadt gegründet hat, dann ist das natürlich gut. Aber wenn die Immobilienlobby gleich mit mehreren Sitzen im Beirat vertreten ist, aber die Seite der Mieterinnen und Mieter gar nicht, dann kann das nicht gutgehen, meine Damen und Herren.
Wir, Die Linke, fordern ein Kündigungsmoratorium für Ladenbesitzer/‑innen in der Pandemie. Wir wollen ein soziales Gewerbemietrecht für danach. Wir wollen ein ausgeweitetes und preislimitiertes Vorkaufsrecht für die Kommunen und, ja, auch Geld, damit die Kommunen leerstehende Ladenlokale erwerben und sozial vermieten können.
Zu guter Letzt, meine Damen und Herren: Es kann nicht sein, dass einige große Konzerne sich an der Krise eine goldene Nase verdienen und nicht dafür besteuert werden. Amazon und die anderen Gewinner dieser Krise müssen endlich besteuert werden. Auch das ist ein Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit und dafür, dass Tante Emma bleiben kann.
Vielen Dank!"
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag: Innenstädte retten – Gemischte und lebenswerte Nachbarschaften schaffen