Wem gehört Leipzig?

24.07.2021
Caren Lay bei der Vorstellung der Studie "Wem gehört Leipzig"

In vielen größeren Städten fragen sich Mieter*innen, wie lange sie sich die Mieten noch leisten können und wer von den steigenden Preisen profitiert. Eine Analyse der Eigentümerstruktur am Leipziger Immobilienmarkt zeigt: Große börsennotierte Unternehmen haben ihr Leipziger Portfolio in den letzten zehn Jahren fast vervierfacht und kontrollieren damit einen noch größeren Teil des Marktes als in Berlin.

Am 23. Juli wurden in Leipzig erste Rechercheergebnisse für die lokale Studie “Wem gehört die Stadt” vorgestellt.

"Die größte Eigentümergruppe sind private Kapitalanleger, die selbst nicht in Leipzig wohnen. Mit etwa jeder zehnten Wohnung ist die städtische Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) die mit Abstand größte Eigentümerin. Durch den Zusammenschluss von Vonovia und Deutsche Wohnen entsteht gerade ein neuer Zweitplatzierter mit etwa halb so vielen Wohnungen und verdrängt die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt eG auf Platz drei", fasst Christoph Trautvetter, Autor der Studie und externer Leiter des RLS-Cities-Projektes «Wem gehört die Stadt?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die aktuelle Recherche zusammen.

"Für Mieter*innen ist diese Entwicklung in Leipzig und andernorts ein schlechtes Zeichen. Denn die Geschäftsmodelle der Konzerne sind auf Gewinnmaximierung und nicht auf das Wohl der Mieter*innen ausgelegt. Was es in Leipzig und vielen anderen Städten bräuchte, sind mehr Wohnungen in öffentlicher Hand. Überfällig sind außerdem öffentlich einsehbare Immobilienregister. Es ist ein Skandal, dass die Besitzverhältnisse bei Immobilien der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Der Verschleierung von Eigentümerstrukturen und Steuerflucht werden so Tür und Tor geöffnet", kommentiert Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und Sprecherin für Mietenpolitik. 

"In Leipzig wächst der Mietbelastungs-Druck insbesondere für Geringverdiener*innen, Alleinerziehende, Rentner*innen. Sozialleistungsbezieher*innen finden in der Stadt kaum noch bezahlbare Wohnungen. Wir brauchen im Bund eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit um die gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen als Garanten für die soziale Wohnraumversorgung strukturell zu stärken. Stadt und Land müssen schleunigst dafür sorgen, dass der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen Einhalt geboten wird und Mieter*innen stärker geschützt werden. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, müssen wir in der Stadt
wohl bald auch über eine bürgerschaftliche Initiative zur Enteignung der großen profitorientierten Player sprechen" , ergänzt Juliane Nagel, Mitglied des Sächsischen Landtags für DIE LINKE.

Das Projekt «Wem gehört die Stadt?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung soll dazu beitragen, die Geschäftsmodelle und Praktiken der Wohnungsunternehmen aufzudecken und Mieter*innen und Initiativen bei der Suche nach ihrem Vermieter zu begleiten. Die Daten der Recherche sind unter www.wemgehörtdiestadt.de einsehbar. Nach Berlin wurden nun weitere deutsche Großstädte, darunter Leipzig, Hamburg und München, in die Recherchedatenbank aufgenommen.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.