Rezension auf scharf-links
Eine Rezension von Michael Lausberg auf scharf-links vom 01.10.2022
Caren Lay, Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion Die Linke, setzt sich in diesem Buch mit steigenden Mieten und deren Ursachen auseinander und stellt dar, wie eine soziale Wohnungspolitik aussehen könnte.
Im ersten Kapitel werden die wichtigsten Fehler der deutschen Wohnungspolitik in den letzten Jahrzehnten beleuchtet. Der Staat hat das Prinzip, dass ein wesentlicher Teil der Wohnungen gemeinnützig bewirtschaftet werden soll, vernachlässigt und stattdessen auf dem Altar des Marktes geopfert. Wohnungen wurden privatisiert und so zu Spekulationsobjekten. Das zweite Kapitel beschreibt, wie riesige Wohnungsgiganten mit Wohnungen an der Börse jonglieren. Es wird auch gezeigt, welche Rolle illegales Geld dabei spielt.
Das nächste Kapitel zeigt auf, dass und warum die Politik sehr wenig dagegen tut, obwohl Mieter*innen die Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren. Dabei wird auf Lobbyismus, Strukturen und die Macht von Organisationen von Vermieter*innen eingegangen.
Im letzten Kapitel werden zehn Punkte genannt, wie eine soziale Wohnungspolitik aussehen kann. Dies sind die Deckelung der Mieten per Gesetz, die Bereitstellung mindestens eines Drittels der Wohnungsmarktes nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit, Kauf- und Vorkaufrecht für private Wohnungen, Förderung von Genossenschaften, höhere Besteuerung der Spekulation, die Begrenzung von Bodenspekulation, die Beschränkung von Immobilienbesitz, Vergesellschaftung von Wohnungen, stärkeres Vorgehen gegen Geldwäsche mit Immobilien, breite Bündnisse von Mieter*innen und sozialen Organisationen.
Für sie ist zu geringer und überteuerter Neubau nur ein Teil des Problems. Sie macht weiterhin die Spekulation mit Wohnraum für die Mietenkrise verantwortlich: „Dieses Geld von Banken, Fonds und Investor*innen drängt seit Jahrzehnten auf den Immobilienmarkt. Und zwar genau dahin, wo die größtmögliche Rendite mit Wohnungen zu erwarten ist.“ (S. 15)
Die Wohnungsfrage ist eine Klassenfrage geworden, da hat Caren Lay recht. Die Yuppisierung ganzer Stadtteile, also der sozioökonomischen Strukturwandel großstädtischer Viertel durch eine Attraktivitätssteigerung zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter und deren anschließenden Zuzug und dem Austausch ganzer sozialer Gruppen, wird umfassend begründet. Dies wird sich in nächster Zeit eher verschärfen, da die versprochenen Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau wegen Lieferengpässe, Fachkräftemangel und steigenden Kosten wohl nur Wunschdenken bleiben.
Die hier vorgebrachten Lösungsvorschläge sind gute Instrumente gegen diese Fehlentwicklungen. Allerdings: Wohnungslose werden etwas vergessen, auch das Bekenntnis für Enteignungen könnte offensiver sein. Sonst ein lesenswertes Buch.