CDU moniert Wohnungskrise, die sie selbst verursacht hat!

09.02.2023
CDU moniert Wohnungskrise, die sie selbst verursacht hat!

Caren Lay (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren ein wichtiges, ein ernstes Thema - die Wohnungskrise. Aber ich musste dann doch herzlich lachen, als ich gelesen habe, wer diese Aktuelle Stunde beantragt hat: die Union - ausgerechnet!

Ja, haben Sie denn schon vergessen, wer uns in diese Wohnungskrise geführt hat?

Ich werde Ihrem Kurzzeitgedächtnis gerne auf die Sprünge helfen. Während der Regierungszeit von Angela Merkel sind 1 Million Sozialwohnungen weggefallen. An jedem Tag unter der CDU-geführten Regierung sind 170 Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen.

Worüber Sie überhaupt nicht sprechen, bezeichnenderweise: Diese Wohnungskrise ist auch und vor allen Dingen eine Mietenkrise.

Und die Mieten explodierten zu Ihrer Regierungszeit wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik: in München in 15 Jahren ein Plus von 82 Prozent, in Stuttgart ein Plus von 74 Prozent und in Hamburg ein Plus von 66 Prozent. Ja, wer soll das denn bezahlen, meine Damen und Herren?

Die Mietenkrise ist ein bundesweites Problem, und 16 Jahre Mieten- und Wohnungspolitik der CDU-geführten Regierung waren ein einziges Fiasko.

Ich will auch sagen, dass jede noch so kleine Verbesserung für die Mieterinnen und Mieter von der Union hartnäckig bekämpft wurde, auch von Ihnen, Herr Luczak, ganz persönlich. Das ist die Wahrheit.

Leider - das muss ich schon sagen - läuft es unter der Ampel nicht so viel besser.

Die Wiederherstellung des Vorkaufsrechtes - eine wichtige Forderung der Kommunen und der Mieter/-innen im Kampf gegen Spekulation - lässt 14 Monate auf sich warten. Immer wieder auf der Tagesordnung des Kabinetts, immer wieder abgesetzt. Jetzt haben Sie, Frau Geywitz, der FDP ihren Wunsch nach einer neuen Eigentumsförderung erfüllt.

Aber im Umkehrschluss blockiert diese weiterhin das Vorkaufsrecht.

Was haben Sie denn da verhandelt? Das muss ich Sie fragen.

Oder nehmen wir das Mietrecht. Ich meine, da ist der Koalitionsvertrag wirklich eine einzige Enttäuschung. Aber selbst dieses kleine Minireförmchen lässt auf sich warten. Die Bauministerin fordert den Justizminister zum Handeln auf; dieser koffert auf Twitter zurück. Die Grünen machen am Wochenende eine Medienkampagne gegen Indexmieten. Gut, Problem erkannt. Auch wir fordern ja das Verbot von Indexmieten. Das Problem ist nur: Pressestatements bezahlen noch keine Mieten. Wir brauchen endlich ein Gesetz.

Insgesamt ist das ein unwürdiges Schauspiel, was Sie auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter liefern.

Bei den Sozialwohnungen ist es nicht viel besser. Sie haben 100 000 neue Sozialwohnungen im Jahr versprochen und faktisch ein Minus von 27 000 Sozialwohnungen.

Das wollen Sie nicht hören. Aber das sind die Fakten; die müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

Da wäre es doch mal an der Zeit, dass der Bundeskanzler hier endlich ein Machtwort spricht. Aber nein, der selbsternannte Kanzler für bezahlbares Wohnen ist abgetaucht, wenn es um die Rechte der Mieterinnen und Mieter geht.

Ein Sondervermögen für Rüstung hat er hier an dieser Stelle par ordre du mufti eingeführt. Wie wäre es jetzt mit einem Sondervermögen für bezahlbares Wohnen?

Das fordert der Mieterbund; das fordern die Gewerkschaften, und das fordern auch wir als Linke.

Das Beste wäre aus meiner Sicht auch ein gesetzlicher Mietenstopp und ein Verbot von Indexmietverträgen.

Das wäre das schnellste und wirkungsvollste Mittel im Kampf gegen Mietenanstieg; das ist doch völlig logisch.

Zu guter Letzt: Ihr Mitleid, dass Ihre Freunde von Vonovia keine neuen Wohnungen bauen. Also, ganz ehrlich: Mein Mitleid hält sich da in Grenzen.

Denn die wenigen verbleibenden Grundstücke, die es in den Großstädten noch gibt, brauchen wir für den Neubau durch Kommunen und für den Neubau durch Genossenschaften. Das wäre die richtige Richtung.

Und, wissen Sie: Die SPD in Berlin ist doch nicht dafür zu kritisieren, dass sich die SPD-Basis für die Vergesellschaftung ausgesprochen hat. Ich würde sie dafür kritisieren - sorry -, das Giffey und Geisel die Umsetzung dieses Volksbegehrens bis heute blockieren.

Das ist falsch.

Das Beste wäre tatsächlich, wenn das umgesetzt würde, was 60 Prozent der Berliner/-innen in einer demokratischen Entscheidung gefordert haben:

Deutsche Wohnen & Co. müssen vergesellschaftet werden. Das Wohnopoly muss beendet werden.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.