Recht auf Wohnungstausch einführen - günstige Mietverträge behalten!

12.05.2023
Recht auf Wohnungstausch einführen - günstige Mietverträge behalten!

Die Wohnungsnot ist groß. Viele Menschen können nicht umziehen, weil sonst die Mietpreise enorm steigen würden. Deshalb braucht es ein Recht auf Wohnungstausch. Es muss möglich sein, in den alten, günstigen Mietvertrag des Tauschpartners einzusteigen. Druck auf Senior*innen lehnen wir ab. Menschen über 70 darf nicht gegen ihren Willen gekündigt werden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lange Schlangen bei der Wohnungssuche in fast jeder deutschen Stadt. Es gibt gerade noch 1 Million Sozialwohnungen, aber 11 Millionen Haushalte hätten theoretisch einen Anspruch darauf. Vom Neubauziel von 100 000 neuen Sozialwohnungen im Jahr sind wir meilenweit entfernt. Und selbst wenn unser Vorschlag endlich angenommen würde, 15 Milliarden Euro jährlich in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, dann bräuchte es noch viele Jahre, um die Wohnungsnot zu lindern. Deswegen machen wir heute einen pragmatischen Vorschlag und fordern ein Recht auf Wohnungstausch für alle Mieter/-innen, die es wollen.

Viele suchen händeringend eine größere Wohnung, weil sie zum Beispiel eine Familie gründen wollen. Andere würden sich gerne verkleinern - ja, auch das gibt es -, weil zum Beispiel ein Partner stirbt, doch diese Umzugswünsche scheitern schon alleine daran, dass eine kleinere Wohnung mit einem neuen Mietvertrag viel mehr kosten würde als eine große mit einem alten Mietvertrag. Deswegen schlagen wir vor, dass Mieter/-innen das Recht erhalten sollen, ihre alten Mietverträge zu tauschen. So bleiben am Ende zwei günstige Mietverträge zu bezahlbaren Preisen, und beiden Haushalten ist geholfen.

Ich freue mich über die breite Unterstützung für diesen Vorschlag: von betroffenen Mieterinnen und Mietern, vom Deutschen Mieterbund, der Justizministerkonferenz oder auch aus anderen demokratischen Parteien.

Es gibt andere Vorschläge, die in eine ganz andere Richtung weisen, und auch dazu will ich etwas sagen: Das Recht auf Wohnungstausch ist ein Recht und keine Pflicht. Alle Ansinnen, Seniorinnen und Senioren die Schuld für die Wohnungsmisere in die Schuhe zu schieben oder gar gegen ihren Willen aus den Wohnungen zu treiben, lehnen wir entschieden ab.

Deshalb haben wir hier auch mehrfach eine Nachbesserung beim Kündigungsschutz gefordert: keine Kündigung von Menschen über 70. Leider sind wir mit diesen Anträgen gescheitert.

Jetzt komme ich zu den ernstzunehmenden Einwänden. Kann das Recht auf Wohnungstausch alle Probleme des Wohnungsmarktes lösen?

Nein, natürlich nicht. Aber jeder Zehnte in Deutschland lebt in viel zu kleinen Wohnungen und 6 Prozent in sehr großzügigen. Wenn nur ein Bruchteil bereit wäre, freiwillig die Wohnung zu tauschen zu den günstigen Bedingungen, dann wäre schon Tausenden Mieterinnen und Mietern geholfen.

Schließlich höre ich, das ginge alles nicht wegen der Vermieter. Aber sie sollen doch ein Einspruchsrecht erhalten, wenn es auch sehr eng definiert werden muss.

Was in Österreich geht, das kann auch in Deutschland funktionieren.

Ich bin mir übrigens sicher, Herr Luczak: Die vielen guten Kleinvermieter/-innen, denen es nicht um das große Geschäft geht, hätten mit diesem Vorschlag gar kein Problem.

Denjenigen aber, denen es doch nur um das große Geld geht, kann ich nur sagen: Es gibt kein Recht auf Rendite, aber sehr wohl auf bezahlbares Wohnen.

Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.