Was tun gegen die großen Wohnungskonzerne?
Ein Kurzbericht zur Konferenz der Linksfraktion von Caren Lay
- Olaf Krostitz, Linksfraktion
Mehr als 70 Menschen aus Mietenbewegung und Mietervereinen trafen sich mit Wissenschaftler*innen, Jurist*innen und zahlreichen weiteren Interessierten, um über Strategien gegen die großen Wohnungskonzerne insbesondere auf Bundesebene zu debattieren. Angesichts der gegenwärtigen Krise des Wohnungskonzerns Vonovia kam die Konferenz genau zur richtigen Zeit, damit die Mietenbewegung sich über das kriselnde Geschäftsmodell der Konzerne austauschen konnte. Im ersten Teil der Konferenz stand die Analyse des Status Quo im Mittelpunkt, während der zweite Teil bisher existierende Ideen zur Einhegung großer Wohnungsunternehmen diskutiert wurden.
Nach einer kurzen Begrüßung machte Knut Unger vom Mieterverein Witten sowie der Plattform kritischer Aktionär*innen den Auftakt und erläuterte die aktuellen Entwicklungen von Vonovia. Klar wurde dabei, dass gestiegene Zinsen sowie gesunkene Immobilienpreise Vonovia in eine veritable Krise stürzen. Das bisherige Geschäftsmodell des Konzerns scheint nicht mehr zu funktionieren, weshalb Vonovia nun beginnt, Wohnungsbestände zu verkaufen und auch noch stärker als bisher auf Einnahmen aus dem Mietengeschäft angewiesen ist. Knut Unger schrieb der Mietenbewegung dann auch gleich die anstehende Aufgabe ins Stammbuch. Es ginge um nichts weniger als, „die Organisierung von Mieter*innen auf Augenhöhe mit dem größten Immobilienkonzern Europas“. Anschließend gaben Carmel Fuhg und Veza Clute-Simon einen Überblick über die aktuellen Debatten bei „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, dem erfolgreichsten Organisierungsprojekt der letzten Jahrzehnte. Sie verdeutlichten, dass sich die Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Volksbegehrens unter der neuen GroKo im Berliner Senat deutlich verschlechtert haben. Der in der Zwischenzeit öffentlich gewordene Bericht der Expertenkommission zum Volksentscheid setzt den Senat unter Druck, die Vergesellschaftung umzusetzen. Carmel Fuhg und Veza Clute-Simon machten deutlich, dass DWE auch weiterhin die Mieter*innen in der Hauptstadt organisieren will und für die Umsetzung des Volksentscheids kämpfen wird. Den ersten Teil abschließend berichtete Marco Hosemann über die Initiative „Hamburg enteignet“. Ziel dieser Initiative ist es, auch in Hamburg die Debatte über Vergesellschaftung voranzubringen und letztlich einen Entscheid über die Einsetzung einer Vergesellschaftungskommission herbeizuführen. Die ersten Hürden dazu wurden genommen, jedoch weht der Initiative viel Gegenwind bis hin zum Verfassungsschutz entgegen. Die drei Inputs zeigten zum einen, dass der Wachstumspfad der Wohnungskonzerne an ein Ende gekommen ist und nun Vonovia und Co. sich nun um aufmachen werden, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln. Es wurde aber auch deutlich: in den letzten Jahren haben sich wirkmächtige Initiativen gegen die Konzerne gebildet, die bereit sind, den Kampf gegen die großen Wohnungskonzerne zu finden.
Den zweiten Teil der Konferenz, der konkrete Ideen gegen Wohnungskonzerne zur Debatte stellte, eröffnete Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Er beschrieb sechs konkrete steuerrechtliche Maßnahmen, mit denen der finanzialisierte Wohnungsmarkt in seine Schranken gewiesen werden kann. Dazu zählen unter anderem das Zurückweisen von Fonds auf dem Wohnungsmarkt, die Abschaffung von ShareDeals sowie die Streichung von Kürzungsmöglichkeiten bei Gewerbesteuern bei Wohnungskonzernen. Daran anschließend stellte Prof. Stefan Klinski von der HWR Berlin seine Idee vor, den Marktzugang für Wohnungskonzerne zu beschränken und diese somit vom Markt auszuschließen. Ein von ihm angefertigtes Rechtsgutachten zu dem Thema kam zu dem Schluss, dass eine solche Maßnahme grundlegend möglich und angemessen ist. Der letzte Input kam von Matthias Günther vom Prognos Institut. Er beschrieb die Möglichkeit der Teilverstaatlichung von Vonovia, die bereits bei Unternehmen wie Volkswagen, der Commerzbank oder der Salzgitter AG praktiziert wurde. Die Idee dahinter ist, dass der Staat sich mit dem Erwerb von 25% plus einer Aktie eine so genannte Sperrminorität bei Vonovia erwirbt und somit einen Einfluss auf die Geschäftspolitik bekommt. In der anschließenden konstruktiven und überaus gelungenen Diskussion wurde auf die geäußerten Vorschläge Bezug genommen und die Ideen wurden in solidarischer Debatte weitergedacht. Es wurde deutlich, dass alle Vorschläge bedenkenswert sind, jedoch nicht gegen die bestehenden Vergesellschaftungsinitiativen auf Landesebene diskutiert werden sollten. Vielmehr muss es darum gehen, verschiedene Ideen gegen die Macht der Konzerne anzuwenden und Mieter*innen weiter zu organisieren, damit sie sich gegen die Geschäftspraktiken von Vonovia und Co. wehren können. Die zentralen politischen Botschaften der Konferenz sind, dass finanzmarktgetriebene Akteure nichts auf dem Wohnungsmarkt zu suchen haben und dass endlich ein wirksames neues Gemeinnützigkeitsgesetz sowie ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen kommen muss. Das Sondervermögend braucht es nicht zuletzt deshalb, um die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen zu finanzieren. Die Linksfraktion hat die Bundesregierung in dieser Hinsicht schon jetzt zum Handeln aufgefordert und wird dies in Zukunft weiterhin tun und die zahlreichen, tollen Ideen der Konferenz in ihrer parlamentarischen Arbeit aufgreifen.