Gebäudeenergiegesetz – eine mietenpolitische Bewertung

04.07.2023

Die Wärmewende ist zentral, um die Klimaziele im Gebäudebereich noch zu erreichen. UnterKanzlerin Merkel wurde dieses Thema über 16 Jahre verschlafen. Insofern ist es klimapolitisch notwendig, die Wärmewende anzupacken. Sie muss allerdings sozial abgefedert sein, denn bereits jetzt leiden viele Mieter:innen unter der enormen Belastung durch Wohnkosten. Bisher konnten sämtliche Kosten für eine energetische Sanierung auf die Mieter:innen umgelegt werden. Die bestehende Modernisierungsumlage nach § 559 BGB erlaubt, die Investitionskosten für eine Sanierung jährlich zu 8 Prozent auf die Mieter:innen umzulegen. Eine solche Modernisierungsmieterhöhung wird erst bei 3 Euro/qm/Monat gekappt. Die so erhöhten Mieten bleiben zeitlich unbegrenzt teurer und nicht nur bis die Investitionskosten abbezahlt sind. Die Modernisierungsumlage ist einer der zentralen Verdrängungsmechanismen, da sie die Mietkosten unmittelbar nach oben treibt und die Mietniveaus dauerhaft erhöht.

Nach dem ersten Entwurf zum GEG hat die Bundesregierung nun einen Änderungsantrag zum Gesetz vorgelegt, der durch die Einführung eines neuen § 559e BGB eine weitere, zusätzliche Modernisierungsumlage für den Einbau einer neuen Heizungsanlage einführen soll. Im Eilverfahren sollen diese vermeintlichen Mieter:innenschutzregeln im GEG noch diese Woche im Bundestag beschlossen werden. Da die neue Regelung eine Einschränkung der bisherigen Modernisierungsmieterhöhung vorsieht, wird der Vorschlag teils auch von Mieter:innenvertretungen wohlwollend aufgenommen. Doch wir sehen weiterhin große Probleme.

Das sieht die Neufassung des GEG vor:
- Eine neue Modernisierungsumlage (§ 559e BGB) ermöglicht eine Umlage von 10 Prozent der Investitionskosten für den Heizungstausch auf die Miete. Diese Option dürfen Vermieter:innen nur wählen, wenn sie eine staatliche Förderung beanspruchen, die dann von den umlegbaren Kosten abgezogen werden muss. Die „neue“ Umlage wird auf max. 50 Cent/qm/Monat begrenzt.
- Vermieter:innen können optional aber auch die „alte“ Modernisierungsumlage von 8 Prozent anwenden. In diesem Fall besteht keine Pflicht zur Inanspruchnahme von Fördermitteln. Auch hier wird die Umlage der Kosten für den Heizungstausch auf 50 Cent/qm monatlich begrenzt.
- Wenn allerdings eine weitere Sanierung oder Modernisierung im Zuge des Heizungstauschs gemacht wird, zum Beispiel eine neue Dämmung, gilt dafür nicht die Obergrenze von 50 Cent/qm/Monat, sondern die bisherige Regelung von 3 Euro/qm/monatlich. Es ist absehbar, dass diese Regelung zu zusätzlichen Sanierungsmaßnahmen und vermutlich auch zu falschen Berechnungen zulasten der Mieter:innen führen wird und dass die Berechnung und Aufschlüsselung der Umlage Mieterverbände und Gerichte beschäftigen wird.
- Sowohl bei Anwendung der bestehenden wie auch bei der neuen Modernisierungsumlage ist eine Konkretisierung des notwendigen Abzugs von Erhaltungs- und Instandhaltungskosten aus den umlegbaren Modernisierungskosten vorgesehen. Unerklärlich und unfair ist, dass bei der neuen Modernisierungsumlage nur ein pauschaler Instandhaltungsabzug von 15 Prozent vorgesehen ist. Das ist ein Geschenk an Vermieter:innen, die überfällige und reparaturbedürftige Heizungsanlagen austauschen und eigentlich einen wesentlich höheren Instandhaltungsabzug veranschlagen müssten. Der pauschale Abzug von nur 15 Prozent sorgt dafür, dass ein höherer Anteil der Heizungstauschkosten auf die Mieter:innen umgelegt werden kann.
- Der ursprünglich vorgesehene § 71o GEG soll nun gestrichen werden. Dieser sollte Mieter:innen vor teuren Betriebskosten schützen, wenn Vermieter:innen auf die sehr teuren neuen Technologien wie Biogas und Wasserstoff setzen, um eine Gasheizung weiter zu betreiben. Durch die Streichung dieser Mieter:innenschutzregel müssen nun Mieter:innen das finanzielle Risiko der Investitionsentscheidung der Vermieter:innen tragen und werden nicht mehr vor horrenden Gaspreisen geschützt. Dabei ist schon jetzt klar, dass die Preise für fossile Brennstoffe ab Ender der 2020er Jahre durch den Co2-Preis massiv steigen werden. Mieter:innen droht durch die Streichung des §71o GEG eine weitere Kostenfalle
- Die vorgesehene Ausweitung der Härtefallregelung, einer Modernisierungsmieterhöhung bei zu hoher Mietenbelastung widersprechen zu können, ist grundlegend gut. Da aber die Mieter:innen in der Bringschuld sind, diese Härte nachzuweisen, und sie dafür sowohl ausreichend Information und ggf. rechtlichen Beistand brauchen, sind die Hürden weiterhin hoch, den Härtefall geltend zu machen.

Fazit:
Aus den genannten Gründen sehen wir in der vorliegenden Ampel-Vereinbarung zum GEG eine Mogelpackung, die weiterhin dafür sorgen wird, dass die Hauptlast der Wärmewende von den Mieter:innen zu schultern sein wird. Als Linksfraktion haben wir schon früh die Konsequenzen des GEG für Mieter:innen antizipiert und einen Antrag zur Abschaffung der Modernisierungsumlage in den Bundestag eingebracht:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/072/2007226.pdf, den wir zur Namentlichen Abstimmung stellen werden. Wir halten das Instrument der Modernisierungsumlage als solches für verfehlt und nicht geeignet, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Klimaschutz im Gebäudebereich zu
meistern. Durch dauerhafte Modernisierungsmieterhöhungen und steigende Mietenniveaus werden Mieter:innen unverhältnismäßig mehr belastet als Vermieter:innen. Leider ist das Gesetzgebungsverfahren so eilig, dass es kaum mehr möglich sein wird, politisch dagegen zu intervenieren. Eine ähnliche Eile hätte ich mir etwa bei der Wiederherstellung oder besser Ausweitung des Vorkaufsrechtes oder beim sozialen Mietrecht gewünscht, die beide bis heute auf sich warten lassen. Wir werden weiter Druck im Interesse der Mieter:innen machen!

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.