Bürgergeld: Wohnkostenlücke auf neuem Höchststand von 103 Euro

13.08.2024
Screenshot: https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/tausende-bürgergeld-haushalte-zahlen-bei-wohnkosten-drauf/ar-AA1oBV48?ocid=finance-verthp-feeds

„Wer im Bürgergeld überhaupt noch eine Wohnung in Innenstädten bekommt, zahlt drauf und spart sie sich vom Munde ab. Das ist nicht hinnehmbar. Um das Wohnen dauerhaft bezahlbar zu halten, müssen erstens mehr Sozialwohnungen gebaut und zweitens die Miet- und Energiepreise gedeckelt werden. Sonst finanziert die Allgemeinheit die dreisten Mietsteigerungen der Wohnkonzerne.“ - Caren Lay.

Meine Anfrage ergab: 

320.000 Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld, also 12,2 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld bekamen im Jahr 2023 nicht die tatsächlichen Ausgaben für Unterkunft und Heizung erstattet (2022: 13 %). Diejenigen, die davon betroffen waren, mussten durchschnittlich rund 103 Euro im Monat (2022: 94 Euro im Monat), rund 16 % der tatsächlichen Kosten, aus Regelbedarf oder Ersparnissen selbst finanzieren.

Der Hintergrund:

Die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) in tatsächlicher Höhe bis zu einer „angemessenen“ Obergrenze soll das Existenzminimum beim Wohnen sichern. Die Verfahren zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen sind seit vielen Jahren Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen. Dies bringt Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten und die Gefahr der Unterschreitung des Existenzminimums mit sich. Im Ergebnis bestehen zwischen der Miete, die Personen im Leistungsbezug nach dem SGB tatsächlich zahlen müssen, und den als angemessen anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung regional teilweise erhebliche Differenzen. Regelmäßig muss diese „Wohnkostenlücke“ aus dem Regelbedarf bestritten werden – oft nicht als Ausdruck individueller Prioritätensetzung, sondern schlicht, weil es keinen günstigeren Wohnraum gibt. Die letzte Anfrage der Linksfraktion zur Wohnkostenlücke 2022 zeigte, dass rund 13 Prozent der SGB-II-Haushalte nicht die vollen Wohnkosten bekam, sondern einen Teil ihrer Miete - durchschnittlich 94 Euro - selbst bezahlen mussten.

Anbei: Die ausführliche Auswertung von Heidi Reichinnek und mir, die Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage sowie die entsprechenden Daten, bundesweit aufgeschlüsselt nach Jobcenter.

Drucksache des Bundestages: https://dserver.bundestag.de/btd/20/124/2012470.pdf

Buchempfehlung:
Buchcover

Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.