Verbraucherinteressen auch in der Forschung stark machen
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Unternehmen geben in Deutschland jährlich rund 30 Milliarden für Marktforschung und Werbung aus - eine enorme Summe, die nur dazu dient, herauszufinden, was für die Unternehmen gut ist. Was gibt demgegenüber der Staat aus, um zu erforschen, was aus der Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher gut ist? 3 Millionen Euro!
Auch wir als Linke sind der Auffassung, dass hier zu wenig getan wird und dass die Prioritäten in der Forschungspolitik falsch gesetzt werden.
Ich setze die 3 Millionen Euro für die Verbraucherforschung einmal ins Verhältnis zu anderen Ausgaben des Bundes. Es gibt für die Raumfahrt etwa 1 Milliarde Euro, für die Atomforschung 135 Millionen Euro, und für Sicherheitstechnologien wie den Nacktscanner sind immerhin 60 Millionen Euro im Staatssäckel vorhanden. Zukunftsorientierte Forschungspolitik sieht wirklich anders aus.
In der Tat brauchen wir eine starke und unabhängige Verbraucherforschung. Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro allein durch Falschberatung bei der Geldanlage. Kein Mensch kann die immer komplexer werdenden Märkte vollständig überblicken. Globalisierung hat neue Märkte geschaffen. Privatisierung, etwa von Wasser, Energie und Telekommunikation, hat Bürgerinnen und Bürger zu Kunden gemacht. Deswegen müssen wir als Politik auch mehr darüber erfahren, welche Instrumente Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen, um sich im Dschungel globaler Märkte zurechtzufinden.
Berlin ist übrigens mit gutem Beispiel vorangegangen. Hier hat die LINKE Verbrauchersenatorin Katrin Lompscher den „Verbrauchermonitor“ eingeführt. Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher werden gefragt, wo ihrer Ansicht nach verbraucherpolitisch gehandelt werden muss.
Außerdem werden in Berlin die Auswirkungen von Gesetzen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich überprüft.
Auch die Verbraucherverbände sollten unserer Auffassung nach Bestandteil einer besseren Verbraucherforschung sein; denn sie werden als Erste auf die Missstände aufmerksam. Jede Förderung, die wir in die Verbraucherverbände stecken würden, wäre wirklich Gold wert.
Anders als Sie, Herr Holzenkamp, finde ich es sehr gut, dass die SPD in ihrem Antrag sagt: Das Leitbild des mündigen Verbrauchers ist in dieser Art und Weise nicht mehr haltbar. Es muss überarbeitet und auch diskutiert werden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung benutzt das Leitbild des mündigen Verbrauchers in aller Regel, um politisch untätig zu bleiben.
Deswegen müssen wir diese Leitbilddebatte jetzt führen.
Hier geht es nicht um die Bevormundung. Auch wir als Linke wollen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher selbst entscheiden. Aber die Grundlage der Entscheidung muss stimmen, und diese Grundlage ist häufig nicht gegeben. Deswegen sind auch wir beispielsweise für die Nährwertampel.
Es muss an dieser Stelle gesagt werden, dass Verbraucherforschung wenig nützt, wenn sich die Regierung an das, was die Forschung herausgefunden hat, nicht hält. Die Nährwertampel ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Die Wissenschaft hat sie empfohlen. Frau Aigner hat sie wider besseres Wissen abgelehnt. Stattdessen folgt sie den Lobbyinteressen der Lebensmittelindustrie.
Ein anderes Beispiel ist die Finanzberatung. Hier hat der Sachverständigenrat des Ministeriums eine Reihe von guten Vorschlägen gemacht. Auf die Umsetzung durch die Bundesregierung warten wir hier vergeblich.
Meine Damen und Herren, auch in der Verbraucherpolitik betreibt die Koalition Klientelpolitik statt guter Verbraucherpolitik. Wir als Linke wollen Verbraucherpolitik mit Weitblick statt eine skandalgetriebene. Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen eine starke Stimme auf allen Ebenen, in der Politik und auch in der Forschung. Auf dieser sachlichen Grundlage sollten wir dann den Antrag der SPD in den Ausschüssen diskutieren.
Vielen Dank.