Schutzschirm statt Wattebällchen

07.02.2011

Der Crash der Lehman-Bank vor nunmehr zweieihalb Jahren wird im Allgemeinen als Auftakt der Finanzkrise gesehen. Spätestens in diesem Moment im September 2008 wurde klar, dass es ein Problem gibt. In der Bundesrepublik spannte die Regierung im Folgenden flugs einen "Rettungsschirm für Banken", der mit Milliarden Steuermitteln und einem gigantischen Sparpaket finanziert wurde. Was bis heute fehlt, ist ein "Schutzschirm für Verbraucherinnen und Verbraucher". Viele Kleinanlegerinnen und Kleinanleger haben durch die Finanzkrise ihr Erspartes verloren. Immer mehr wurde bekannt über falsche Finanzberatungen und unseriöse Finanzprodukte, die zum Teil so kompliziert und intransparent sind, dass selbst Profis nicht mehr durchblicken. Doch bis heute hat die Bundesregierung keine durchgreifenden Schritte zur verbraucherorientierten Regulierung der Finanzmärkte unternommen.

Im März 2010 hat meine Fraktion einen umfassenden Antrag zur Stärkung des finanziellen Verbraucherschutzes vorgelegt. Das sorgte für große Nervosität in der schwarz-gelben Koalition. Einen Tag vor der Debatte im Deutschen Bundestag verkündete Finanzminister Schäuble seine Pläne für ein Gesetz zum Schutz der Anleger. Daraus wurde lange nichts, denn die Koalition war auch in dieser Frage tief zerstritten. Jetzt ist es endlich soweit: Am 10. Februar, also elf Monate nach der Ankündigung und zweieinhalb Jahre nach Lehman, wird das Anlegerschutzgesetz der Bundesregierung im Deutschen Bundestag debattiert. Doch aus dem großen Wurf ist in der Zwischenzeit ein Wattebällchen geworden. Ein Schelm, wer darin einen Zusammenhang mit den großzügigen Spenden der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) und ihrer Tochtergesellschaft Allfinanz an Union und FDP zu erkennen sucht. Halb so wild, sagt die Koalition und verweist auf die langjährige Regelmäßigkeit der Spenden. Doch allein von Juli bis November 2010 sind in der FDP-Zentrale 200.000 Euro eingegangen.

Wie dem auch sei, das Gesetz liegt nun vor. Doch es verdient seinen Namen nicht. Wirksamer Anlegerschutz geht weit über Produktinformationsblätter für Finanzprodukte und ein Beraterregister hinaus. Jedes Jahr verlieren private Haushalte durch falsche Anlageberatung 20 bis 30 Milliarden Euro. Noch immer kommen riskante und zweifelhafte Finanzprodukte auf den Markt. Das System der provisionsgetriebenen Finanzberatung führt dazu, dass an den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbei beraten wird. Dieses Problem löst sich nicht dadurch, den staatlichen Hebel bei den einzelnen Beraterinnen und Berater anzusetzen. Denn auch sie leiden unter den produktbezogenen Verkaufsvorgaben. Laut einer Umfrage der Gewerkschaft ver.di fordern 90 Prozent der befragten Kundenberaterinnen und -berater eine verbrauchergerechte Beratung und ein Ende der unwürdigen Praktiken des Vertriebscontrolling. Die Androhung von Versetzungen, Kürzungen der Gehälter oder Kündigungen bei Nichterreichen der Verkaufsziele sind Realität.

Institutionell ist und bleibt der finanzielle Verbraucherschutz in Deutschland äußerst schwach ausgeprägt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat keinen gesetzlichen Auftrag für den Verbraucherschutz. Verbraucherorganisationen verfügen weder über ausreichend rechtliche noch über finanzielle Handlungsmöglichkeiten. Es liegt ein erheblicher Mangel an unabhängiger Finanzberatung vor.

DIE LINKE sagt deshalb: Finanzieller Verbraucherschutz muss gesetzlich verbindlich geregelt werden statt die Verantwortung einseitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abzuwälzen. Dazu bedarf es einer verbraucherorientierten Finanzaufsicht, einer Verbraucherschutzbehörde und der Stärkung der Verbraucherorganisationen in ihrer Marktwächterfunktion. Zum Schutz der Sparerinnen und Sparer, aber auch der Beschäftigten der Branche fordert DIE LINKE ein Verbot produktbezogener Verkaufsvorgaben.

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Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.