Antifaschistisches Engagement verdient Anerkennung statt Repression
Solidarität mit Lothar König
Heute wird im Dresdener Amtsgericht der Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König eröffnet. Ihm wird "aufwieglerischer Landfriedensbruch" vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft behauptet, Lothar König habe am 19. Februar 2011 im Zuge der Dresdener Anti-Nazi-Proteste "in aufwieglerischer Weise" zur Gewalt gegen Polizisten und zum Durchbrechen der Polizeisperren aufgerufen haben. Durch den Lautsprecherwagen der jungen Gemeinde Jena soll König aufheizend gewirkt haben und durch das Abspielen "aggressiver Musik" die Protestierenden zur Gewalt aufgefordert haben. Bei der vermeintlich aggressiven Musik handelt es sich nebenbei erwähnt um Songs der Band "Ton-Steine-Scherben", die seit langem zum Kulturgut einer ganzen Generation gezählt wird.
Wir erinnern uns: Weit über zehntausend Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der ganzen Republik hatten sich an diesem Tag auf den Weg gemacht hatten, um in Dresden den einstmals größten Nazi-Aufmarsch Europas gewaltfrei zu verhindern. Doch die Stadt Dresden hatte alle Gegendemonstrationen in Hör- und Sichtweise verboten und auf die andere Elbseite verbannt. Und dennoch kam es zu zahlreichen und großen Blockaden in der Innenstadt. Der Tag wurde ein Erfolg: Die Nazis konnten nicht marschieren und mussten nach Stunden in der Kälte frustriert abreisen.
Doch der Preis war hoch: Millionen Mobilfunkdaten von Protestierenden und AnwohnerInnen wurden widerrechtlich aufgezeichnet und ausgewertet. Das linke Haus der Begegnung in Dresden wurde brachial gestürmt und durchsucht. Hunderte Ermittlungsverfahren gegen friedliche Blockiererinnen und Blockierer wurden eingeleitet, und es gibt immer noch eine Vielzahl von Verfahren gegen Menschen, denen wie Lothar König vorgeworfen wird, "aufwieglerisch" auf Menschenmengen gewirkt zu haben. Auch gegen mich läuft immer noch ein Verfahren wegen meiner Teilnahme an einer friedlichen Blockade an besagten Tag in Dresden. Dafür wurde vor kurzem meine Immunität als Abgeordnete aufgehoben.
Fatales Signal
Das Signal, das die sächsischen Behörden bei der Verfolgung der Nazi-Gegnerinnen und -gegnern auch mit dem jetzigen Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer sendet, ist fatal. Denn es schwächt zivilgesellschaftliches Engagement im Ganzen. Die fatale Botschaft von diesem Prozess ist: Menschen, die widerständig aktiv werden, laufen Gefahr, in den Fokus staatlicher Ermittlungen zu geraten. Das macht Angst statt den notwendigen Mut, sich für Demokratie und Menschenrechte persönlich einzusetzen. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich nun zweimal überlegen, ob sie ihr Gesicht und ihren Namen im Kampf gegen Neonazis auf offener Straße zeigen. Diese Konsequenz ist fatal – vor allem nach den Skandalen um das Terrornetzwerk NSU und die Verwicklung staatlicher Behörden. Eine kritisch, engagierte, offene Gegenöffentlichkeit gegen diesen Prozess ist notwendig – und unser Widerstand, um Neonazis und ihrer menschenverachtenden Ideologie die Stirn zu bieten.
Nun bleibt natürlich abzuwarten, wie der Prozess gegen Pfarrer Lothar König verlaufen wird. Doch der bereits abgeschlossene Prozess gegen den Aktivisten Tim, der der Beweislage zum Trotz mit drakonischen Strafen endete, lässt einiges befürchten. Unsere vollste Solidarität und Unterstützung ist Lothar König sicher! Menschen, die sich engagieren, müssen in ihrem Tun und Handeln ermutigt und von der Gesellschaft unterstützt werden. Das gilt für das Engagement gegen Neonazis ebenso wie für das Engagement gegen Atomkraft, für den Frieden und ebenso für eine soziale und solidarische Gesellschaft. Demokratie braucht aktive Bürgerinnen und Bürger. Lothar König ist einer davon.