Gysi begeistert Publikum in Bautzen
Gregor Gysi zu Gast bei Caren Lay Schlechterstellung Ostdeutschlands muss nach 23 Jahren Deutscher Einheit endlich beendet werden
Am 4. April lud die Bautzener Bundestagsabgeordnete Caren Lay den LINKEN Spitzenpolitiker Dr. Gregor Gysi zu einer öffentlichen Diskussionsrunde in den Konferenzsaal des Hotel Residence in Bautzen ein. Dieser war von circa 300 Gästen bis auf den letzten Stehplatz gefüllt, sogar die Stehplätze wurden knapp. Das Interesse an Gregor Gysi als Gallionsfigur der LINKEN, aber auch an den ostspezifischen Themen, die offensichtlich nur noch bei der LINKEN auf der politischen Agenda stehen, scheint nach wie vor ungebrochen. Schwerpunkt des Gesprächs zwischen den beiden Bundestagsabgeordneten der LINKEN waren die Ungerechtigkeiten, denen ostdeutsche ArbeitnehmerInnen und RentnerInnen nach 23 Jahren Deutscher Einheit immer noch ausgesetzt sind, und die immer wieder von Zwischenapplaus begleiteten Vorschläge und Forderungen der LINKEN zur Herstellung von Gerechtigkeit für Ostdeutschland.
Noch immer ist die Erwerbslosigkeit im Osten laut Caren Lay fast doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern. Die Löhne und Gehälter liegen nach wie vor ein Viertel unter denen im Westen. Zudem müssen Ostdeutsche für einen annähernd gleichen Lohn oft länger arbeiten und auf im Westen übliche Sonderzahlungen verzichten. Zudem arbeiten Mehr als die Hälfte (51 %) aller Beschäftigten in Ostdeutschland ohne Tarifvertrag. Auch bei der Betrachtung der Vermögen fällt auf, dass das durchschnittliche Vermögen in Ostdeutschland ist mit 42 % noch nicht mal halb so hoch ist wie im Westen ist. Ähnlich verhält es sich beim Thema Rente. Ostdeutsche Bürgerinnen und Bürgern verdienen nicht nur im Erwerbsleben, sondern auch im Alter deutlich weniger als Westdeutsche. Die Renten betragen im Osten ca. 90 % des Westniveaus, bei den gesamten Alterseinkünften sind es im Osten sogar nur 80 Prozent des Westniveaus. Dies ist nicht nur Ergebnis geringer Einkommen, sondern es hat System – bis zum heutigen Tag.
Gregor Gysi forderte deshalb dringend die Angleichung der Renten von Ost und West und eine generelle Anhebung des Rentenniveaus, da sonst die folgenden Rentengenerationen kaum noch von ihrer Rente werden leben können. Die zunehmende Altersarmut stelle eine reale Gefahr für unsere Gesellschaft dar. Auch die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sei nichts weiter als eine Rentenkürzung. Anstatt die Rente kaputt zu machen, sollte man lieber dafür sorgen, dass endlich alle Erwerbstätigen, also auch Politiker, Beamte, Ärzte und andere, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Mit einer solidarischen Bürgerversicherung würde die staatliche Rente auch ausreichend finanzierbar sein, so Gysi.
Auch bei der Betrachtung der demografischen Situation bleibt Deutschland in Ost und West gespalten, so Caren Lay. Während beispielsweise die Kinderarmutim ganzen Bundesgebiet 19,2 % betrage, seien in Ostdeutschland nahezu ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen arm. Besonders betroffen sind Kinder allein Erziehender. Um die Lebensverhältnisse gerade im Osten zu verbessern und die Abwanderung von jungen Menschen und vor allem von jungen Frauen zu stoppen brauche es vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze, so Gysi. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors und prekärer Beschäftigungsverhältnisse führe immer mehr dazu, dass Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Hierfür wäre die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes elementar wichtig - auch um die Binnenkonjunktur wieder in Schwung zu bringen. Die Abwanderung junger Menschen lässt sich nur mit attraktiven und gut bezahlten Arbeitsplatzen bekämpfen.
Neben vielen weiteren Themen bemängelte Gysi auch die Steuerungerechtigkeit und die ungerechte Verteilung von Vermögen in Deutschland. Das Absenken des Spitzensteuersatzes unter Rot-Grün habe Spitzenverdiener entlastet, hingegen würden mittlere Einkommen, beispielsweise von Facharbeitern überproportional belastet. DIE LINKE will deshalb die Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes auf 53% und die Abschaffung des sogenannten Steuerbauches bei mittleren Einkommen. Denn nur mit Steuergerechtigkeit werde es auch soziale Gerechtigkeit und ein Angleichen zwischen alten und neuen Bundesländern in Deutschland geben, so Gysi.
Auch eine gerechte Vermögenssteuer sei angesichts der zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft in Arm und Reich unabdingbar. Daher möchte DIE LINKE eine Vermögenssteuer einführen. Es sei unglaublich, dass in Deutschland 0,6% der Menschen 20% des Vermögens besitzen, wohingegen 50% der Menschen nur über 1% des Vermögens verfügen. Dieser Trend verschärfe sich laut Gysi zudem noch.
Nachdem sich Gregor Gysi gut gelaunt den zahlreichen Fragen des Publikums und einer munteren Diskussion gestellt hatte, überreichte Caren Lay ihm als Dankeschön neben einem Blumenstrauß auch eine Bautzener Senfspezialität. Dies stand ganz im Zeichen seiner Forderung nach der Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und sei stellvertretend auch ein Beweis für die gute Qualität ostdeutscher Produkte, mit denen der Osten besonders punkten kann, so Lay.