Auch Klimaschutz muss sozial gestaltet werden
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen, dann müssen wir heute auch über das Thema der energetischen Gebäudesanierung sprechen; denn die energetische Gebäudesanierung ‑ das wissen viele ‑ ist der ungehobene Schatz beim Thema Energieeinsparung.
Hier fällt fast ein Drittel der Treibhausgase an. Das heißt, wir müssen das Tempo bei der Sanierung anziehen, vor allen Dingen beim Bestand. Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, dann müssen doppelt so viele Häuser saniert werden, wie es derzeit der Fall ist. Das ist die eine Seite.
Die andere Frage ist, wer das Ganze bezahlen soll. In der gegenwärtigen Situation tragen die Kosten dafür fast ausschließlich die Mieterinnen und Mieter. Modernisierung ‑ das wissen Sie ‑ ist eine der zentralen Ursachen für die Vertreibung aus den Innenstädten, weil sich die Menschen ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Wenn Sie die Zeitung aufschlagen, dann finden Sie Beispiele hier aus der Nähe. In Berlin-Prenzlauer Berg soll ein Haus saniert werden. Die Mieterinnen und Mieter sollen nachher fast eine Verdreifachung ihrer Mieten hinnehmen. So etwas müssen wir unterbinden.
Deswegen brauchen wir zum einen eine wirkliche Änderung der Modernisierungsumlage für Mieterinnen und Mieter. Es muss sich auch die öffentliche Hand an diesen Kosten beteiligen. Dafür brauchen wir eine andere Finanzierung. Wenn wir uns die Lücke ansehen, die zwischen den Kosten der Sanierung auf der einen Seite und den Einsparungen bei den Heizkosten auf der anderen Seite besteht, dann stellen wir fest, dass es sich um einen Betrag von 5 bis 9 Milliarden Euro handelt. Das heißt, dass das Gebäudesanierungsprogramm mit 1,5 Milliarden Euro viel zu niedrig angesetzt ist. Wir fordern deswegen gemeinsam mit vielen Expertinnen und Experten eine Aufstockung auf 5 Milliarden Euro.
Wir können das Thema Klimawandel und das Thema energetische Gebäudesanierung nur anpacken, wenn wir auch Menschen mit geringem Einkommen mitnehmen. Deswegen sagen wir als Linke ganz klar: Der Heizkostenzuschuss beim Wohngeld muss wieder eingeführt werden. Schwarz-Gelb hat ihn in der letzten Legislatur mit der abenteuerlichen Begründung abgeschafft, die Heizkosten seien gesunken. Schauen Sie sich einmal Ihre eigenen Zahlen an! Auf meine Anfrage zu dem Thema wurde geantwortet, sie seien in fünf Jahren um fast 24 Prozent gestiegen. Wenn wir den Heizkostenzuschuss beim Wohngeld wieder einführen, dann müssen wir eine Klimakomponente hinzufügen; denn mit einer solchen Klimakomponente bekommen wir eine Gebäudesanierung hin, die ökologisch und sozial ist.
Wenn wir über Klimaschutz reden, dann sollten wir in der Tat auch über das aktuelle Thema EEG-Umlage und Industrieprivilegien sprechen. Frau Kollegin Gundelach, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe, als Sie gesagt haben, man dürfe hier keine Schnellschüsse machen; denn die EEG-Novelle, die der Minister vorgelegt hat, ist ein solcher Schnellschuss.
Kommen wir zum Thema Industrieprivilegien. In der derzeitigen Form sind und bleiben die Industrieprivilegien eine Einladung zur Energieverschwendung. Das dürfen wir überhaupt nicht mitmachen, wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen.
Es ist gestern in der Anhörung klar geworden: Die Effizienzkriterien sind viel zu schwach. Wir sagen: Wir wollen eine deutliche Reduzierung der Industrieprivilegien, und wir wollen Privilegien nur dort, wo wirklich verbindliche, klare und anspruchsvolle Einsparpläne vorliegen. Ansonsten können diese Privilegien der Großindustrie überhaupt nicht gewährt werden.
Die EEG-Novelle geht insgesamt in die völlig falsche Richtung. Der Ausbaudeckel für die erneuerbaren Energien, die Direktvermarktung, die Ausschreibungspflicht ‑ das alles wird die erneuerbaren Energien ausbremsen. Das alles ist dem Klimaschutz überhaupt nicht förderlich. Wir müssen alles tun, um dieses EEG zu ändern. Das Beste wäre, Sie zögen diese Novelle zurück; denn mit dieser Novelle gehen Sie in die völlig falsche Richtung. Das Gegenteil wäre richtig. Wir müssen alles tun, um die erneuerbaren Energien zu fördern, damit wir schnellstmöglich aus Kohle- und Atomenergie herauskommen.
Klimaschutz ist keine Ökospinnerei, er ist auch kein Hippiethema, er ist für viele Menschen schon jetzt eine knallharte Existenzfrage. Deswegen müssen wir uns deutlich mehr anstrengen. Das geht nicht so nebenbei nach dem Motto „Noch 148 Mails checken und dann mal schnell die Welt retten“. Hier müssen wir deutlich mehr tun. Deswegen unterstützen wir diese Anträge. Ich freue mich auf die weitere Debatte zum Klimaschutz und auch zum EEG.
Vielen Dank.