Gesunde Ernährung statt Hormonfleisch und Genpflanzen dank TTIP

15.01.2015
Caren Lay, DIE LINKE: Gesunde Ernährung statt Hormonfleisch und Genpflanzen dank TTIP

Gesunde Ernährung statt Hormonfleisch und Genpflanzen dank TTIP

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Auch ich freue mich sehr, dass wir zum wichtigen Thema gesunde Ernährung heute in der Kernzeit sprechen können. Ich finde auch, dass wir es bei so einem wichtigen Thema nicht bei formlosen Appellen belassen sollten, sondern tatsächlich Butter bei die Fische geben und über genau diejenigen Bereiche sprechen sollten, die eine gesunde Ernährung und die Information über gesunde Ernährung gefährden. Deswegen meine ich, dass wir beim Thema gesunde Ernährung beispielsweise auch über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA, TTIP, sprechen müssen.

Ich finde es gut, dass der Minister heute auch einige kritische Worte zu einzelnen Punkten gefunden hat; denn in der Südwest Presse hat er noch vor einiger Zeit erklärt, TTIP sei für die Verbraucher keine Bedrohung, sondern eine Chance. Da höre ich wohl nicht richtig! Wenn das Freihandelsabkommen eine Chance ist, dann ist es eine Riesenchance für die Konzerne, aber doch nicht für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Herr Minister, Sie befürchten beispielsweise - das haben Sie auch gesagt -, dass die regionalen Herkunftsbezeichnungen möglicherweise aufgeweicht werden, dass dann beispielsweise eine Spreewald-Gurke auf den Markt kommt, die den Spreewald noch nie gesehen hat. Diese Befürchtung teile ich.

Nehmen wir das Thema Hormonfleisch. Es ist bekannt, dass in der gigantischen und durchindustrialisierten Fleischproduktion in den USA Wachstumshormone zum Einsatz kommen. Diesen lehnen die Verbraucherinnen und Verbraucher bei uns ab. Der Import von Hormonfleisch in die EU ist zu Recht verboten. Wir finden, dass das so bleiben soll. Deswegen freut mich, dass der Minister dieses Thema heute angesprochen hat. Allerdings sehen die NGOs die Gefahr, was den Import dieses Hormonfleisches in die Europäische Union anbelangt, noch nicht gebannt.

Das Gleiche gilt für die Gentechnik. Bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Europa gehen die Alarmglocken an, wenn sie hören, dass in den USA der Großteil der Soja‑, Mais- oder Zuckerrübenpflanzen gentechnisch verändert ist. In Deutschland beispielsweise lehnen 80 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher Gentechnik ab. Deswegen sagen wir: Europa darf auch zukünftig kein Markt für Gentechnik sein.

Wenn wir uns einig sind im Bereich Gentechnikimporte, wenn wir uns einig sind im Bereich Hormonfleischimporte und auch beim Schutz regionaler Herkunftsbezeichnungen, dann freut mich das, Herr Minister. Aber ich muss schon sagen, dass das geplante Freihandelsabkommen aus meiner Sicht an anderen Stellen viel größere Gefahren birgt. Auch die müssen heute angesprochen werden, beispielsweise die geplanten privaten Schiedsgerichte und die Investorenklagen. Zum einen führen sie zu einem erheblichen Demokratieproblem. Zum anderen hat es Auswirkungen auf den Bereich Lebensmittel und Ernährung, wenn beispielsweise ein US-amerikanischer Hersteller über den Weg dieser Schiedsverfahren einklagen kann, den selbst produzierten holländischen Gouda oder die Spreewaldgurke auf den europäischen Markt zu bringen. Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrer Kritik, dann müssen Sie auch den Mut haben, sich über die privaten Schiedsgerichte mit den Konzernen anzulegen.

Ein weiteres Grundproblem: Wir müssen überlegen, ob wir als Gesetzgeber überhaupt noch die Möglichkeit haben werden, Standards und Regelungen zu definieren, die die Gewinne der Konzerne schmälern, oder ob wir entgangene Gewinne am Ende durch Steuermittel kompensieren müssen.

Die Kernfrage beim Freihandelsabkommen ist nicht: Kann man hier und da ein wenig herumdoktern und das eine oder andere Schlimme verhindern? Das ist offenbar Ihre Position. Vielmehr geht es aus meiner Sicht um die Frage: Ist mehr Freihandel, ist mehr Globalisierung nicht grundsätzlich der falsche Weg ist? Das ist die Position der Linken. Wir wollen mehr regionale Produktion, und wir wollen regionale Wertschöpfungsketten. Deswegen sagen wir: Dieses Freihandelsabkommen, das TTIP, muss verhindert werden.

Ich freue mich deswegen, dass schon Millionen Unterschriften gegen das TTIP gesammelt wurden. Ich freue mich, dass wir bei der „Wir haben es satt!“-Demo am Samstag die Gelegenheit haben werden, unter anderem dagegen zu demonstrieren.

Lassen Sie mich zum Schluss etwas zum Verbraucherinformationsgesetz sagen; denn das gehört zu diesem Thema dazu. Das Verbraucherinformationsgesetz in der derzeitigen Form ist gut gemeint, aber leider ziemlich wirkungslos. 90 Prozent der Anfragen werden mangelhaft beantwortet: zu spät, zu teuer oder unvollständig. Das ergaben eine Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch und nicht zuletzt eine Kleine Anfrage der Linksfraktion.

Für uns Linke ist ganz klar: Das VIG muss erstens leichter anwendbar sein. Es muss zweitens eine Auskunftspflicht der Unternehmen gegenüber den Verbrauchern beinhalten. Die Informationen müssen drittens kostenfrei sein; denn Transparenz darf nicht vom Geldbeutel der Verbraucher und der Organisationen abhängen.

Schließlich ‑ und das ist mein letzter Punkt ‑ werden in der jetzigen Form des VIG die Behörden ausgebremst, Informationen weiterzugeben. Die Bundesgesetze sind unklar, und deswegen gibt es immer wieder Situationen, in denen die Behörden nicht die Namen der Unternehmen nennen können, wenn beispielsweise die Pestizidgrenzwerte im Paprika überschritten oder die Hygienestandards in einer Bäckerei oder in einem Restaurant nicht eingehalten werden. Es dient deshalb der gesunden Ernährung, wenn wir als Linke heute erneut fordern: Das derzeitige Verbraucherinformationsgesetz muss dringend novelliert werden; denn nur durch andere Instrumente können wirkungsvolle Informationen an die Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich gesund ernähren wollen, weitergegeben werden.

Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.