Die Zukunft der Lausitz & Sachsens gestalten – das Lausitzer Seenland entwickeln
- Silvio Lang
Wie jedes Jahr besucht die Lausitzer Bundestagsabgeordnete Caren Lay im Rahmen ihrer Sommertour das Lausitzer Seenland. Im Rahmen dieses Besuches schlägt die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE und Direktkandidatin des Wahlkreises 156 folgende Punkte zur Diskussion vor. Im Nachgang der Gespräche im Rahmen der Sommertour werden diese Diskussionspunkte fortgeschrieben und weiter qualifiziert.
1. Seenland als eigenständige touristische Destination
Das Seenland muss ganzheitlich begriffen werden, unabhängig von der Landesgrenze. Auch bei der Frage, ob es eine eigenständige touristische Destination ist. Gleichzeitig darf es vor allem auf sächsischer Seite nicht länger in einem gemeinsamen Verbund mit anderen Destinationen wie Bautzen oder dem Zittauer Gebirge vermarktet werden. Das Seenland hat ein eigenständiges Angebot, dass attraktiv ist – ländergrenzenübergreifend.
Ich möchte deshalb das gesamte Seenland als eigenständige touristische Destination definiert sehen, um es eigenständig vermarkten zu können. Und das nicht erst, wenn die Übernachtungszahl auf 1,5 Mio. Übernachtungen im Jahr gestiegen ist, sondern schon jetzt – um überhaupt irgendwann mal in diese Sphären vorstoßen zu können.
2. Mehr Personal und Gelder für den sächsischen Teil des Zweckverbandes Lausitzer Seenland
Das Verhältnis der Beschäftigten bei den beiden Zweckverbänden spricht Bände. Während in Brandenburg über 30 Menschen an der Entwicklung des Seenlandes arbeiten, kämpfen in Sachsen aktuell 4 Beschäftigte gegen Windmühlen. Dieses Missverhältnis ist nicht nur Teil der Antwort auf die Frage, warum das Seenland auf brandenburgischer Seite schneller voran kommt. Es ist auch Ausdruck der politischen Prioritäten in Sachsen, bei denen das Seenland von Dresden oft nicht gesehen wird. Im Ergebnis fehlt dann Personal, um zum Beispiel geschaffene touristische Highlights wie Schiffsanleger auch zu pflegen.
Die beteiligten Gesellschafter am Zweckverband Lausitzer Seenland und allen voran die sächsische Landesregierung sind deshalb gefragt, hier zeitnah die personelle Ausstattung zu erhöhen. Ich möchte, dass der Zweckverband Lausitzer Seenland Sachsen mindestens auf gleichem Niveau arbeiten kann wie sein brandenburgisches Pendant.
3. Erhöhung der §4-Mittel im Finanzierungsfolgeabkommen der LMBV
Mit den sogenannten §4-Maßnahmen sind Projekte gemeint, die über das Finanzierungsabkommen zur LMBV als Bergbausanierer für das Lausitzer Revier realisiert werden und zur Erhöhung des Folgenutzenstandards gedacht sind. Dahinter verstecken sich also alle Projekte, die umgesetzt werden, um die zukünftige Nutzung von ehemaligen Tagebauen als zum Beispiel Erholungsgebiete zu ermöglichen oder zu verbessern. Die Palette an Projekten, die aus diesem Topf finanziert werden können, ist dabei sehr weitreichend.
Im Bereich des Lausitzer Seenlandes sind bislang zwar schon Strandflächen angelegt oder Schiffsanlegestellen über §4-Maßnahmen gebaut worden. Für einen echten Entwicklungsschub reichen aber die bisherigen Maßnahmen noch nicht aus. Ich möchte daher, dass bei der nächsten Fortschreibung des Finanzierungsabkommens zwischen Bund und den Ländern Sachsen und Brandenburg im Jahr 2022 die Mittel für die §4-Maßnahmen deutlich erhöht werden.
4. Öffentlichen Nahverkehr ins Seenland ausbauen
Das Seenland ist an den Öffentlichen Personenverkehr auch überregional nur mangelhaft angebunden. Eine Seenland-Bahn – also eine reguläre Schienenverkehrsverbindung - aus der Metropolregion Dresden ins Seenland gibt es weiterhin nur durch Privatinitiative lokaler Bürgermeister und nur an den Wochenenden in den Sommerferien. Der Einsatz der Bürgermeister ist dabei zu begrüßen. Es braucht aber ein reguläres Angebot, mit attraktiver Taktverbindung, ganzjährig und an jedem Wochentag. Im Rahmen des Strukturwandels ist nun die Ertüchtigung der Strecke Dresden-Kamenz-Hosena-Hoyerswerda zugesagt. Ich möchte, dass diese Maßnahme schnell kommt und nicht erst in 10 oder 15 Jahren. Wir brauchen die Anbindung des Seenlandes so schnell wie möglich.
Eine häufig vorgetragene Klage von Gewerbetreibenden aus dem Seenland, gerade aus dem Bereich Touristik ist, dass sie keine Auszubildenden finden können, obwohl sie gern ausbilden wollen und auch eine angemessene Vergütung bieten. Als Grund, warum sich viele angehende Azubis gegen eine Ausbildung in einem Seenland-Betrieb entscheiden, wird dabei immer wieder die mangelnde ÖPNV-Anbindung angegeben. Ein Umstand, der natürlich auch für die Tourist*innen selbst ein Malus ist. So ist es ohne Individualverkehrsmittel nicht möglich, zum Beispiel in den Abendstunden noch von Hoyerswerda ins Seenland oder zurück zu pendeln. Es braucht also ein erweitertes ÖPNV-Angebot vor allem von Hoyerswerda aus ins Seenland mit besseren Taktzeiten und deutlich mehr angebotenen Fahrten.
5. Das Seenland als länderübergreifendes Projekt verstehen – Staatsvertrag abschließen
Noch immer leisten sich Sachsen und Brandenburg parallele Strukturen zur Entwicklung des Seenlandes, die noch dazu vollkommen unterschiedlich aufgestellt und ausgestattet sind. Das Seenland wird weiterhin von Potsdam und Dresden aus in einen brandenburgischen und einen sächsischen Teil getrennt. Das führt bis heute zu Possen, die wirklich niemandem zu erklären sind. Bislang konnten sich die beiden Länder nicht mal auf eine einheitliche Beschilderung als Wegeleitsystem einigen. So funktioniert das nicht. Tourist*innen interessiert es nicht, ob sie in einem See in Brandenburg oder Sachsen baden. Aber sie wollen überall das gleich hohe Niveau an Angeboten und Infrastruktur vorfinden.
Deswegen braucht es endlich eine verbindliche Übereinkunft zwischen Sachsen und Brandenburg, in der die gemeinsame Entwicklung des Seenlandes als Aufgabe festgehalten ist und definiert wird, was beide Länder dafür zu leisten haben. Zum Beispiel in Form eines Staatsvertrages.
6. Einführung Wassermanagement
Die Dürresommer 2017-2020 haben gezeigt, dass ein Hauptproblem für die Entwicklung des Seenlandes das Wassermanagement ist. Woher speisen sich die Seen, aus welchen Quellflüssen kann Wasser entnommen werden? Der Klimawandel wird diese Problemstellung weiter verschärfen, weil Niederschläge seltener werden und mit den Seen riesige Verdunstungsflächen geschaffen wurden, über die bei steigenden Temperaturen immer mehr Wasser verloren geht. Hinzu kommt die Frage, was eigentlich nach dem Kohleausstieg passiert, wenn kein Wasser aus den Tagebauen und von den Kraftwerken mehr abgleitet wird. Es ist vollkommen offen, ob sich die optimistischen Hoffnungen des Umweltministers auf einen selbstregulierenden Wasserhaushalt in der Lausitz erfüllen. Auch dabei sind Transparenz und Ehrlichkeit gegenüber der Bevölkerung und den gewerblichen Nutzerinnen und Nutzern nötig. Dabei geht es nicht nur um das Seenland, sondern in der Folge um den Spreewald und um die Wasserversorgung der Spree bis nach Berlin.
Die Lausitz braucht angesichts der Herausforderungen des Kohlebergbaus eine eigene Kommission zum Wasserhaushalt unter Mitwirkung der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen und des Bundes. Wenn ein sächsisches Wasserkonzept kommen soll, dann müssen auch die betroffenen Nutzer wie die Kommunen, Industrie, Umweltverbände und die Landwirtschaft in einer Ständigen Kommission zum Wasserhaushalt einbezogen werden. Die Wasserknappheit beeinflusst verschiedene Nutzungsinteressen, die wir verbinden müssen. Das Modell Kohlekommission war ein gutes Beispiel für einen solchen gesellschaftlichen Konsens.
7. Schlüsselzuweisung der Strukturwandelgelder für kernbetroffene Gebiete
Der Strukturwandel muss auf die Kerngebiete der Lausitz konzentriert werden. Es kann nicht sein, dass mit Millionen für den Strukturwandel ein Forschungszentrum am Stadtrand von Berlin bezahlt wird. Die Menschen in den Kerngebieten werden am stärksten vom Kohleausstieg betroffen sein, daher müssen die Gelder auch direkt ins Kerngebiet investiert werden.
Die Gelder für den Strukturwandel müssen dann vor allen Dingen den Kommunen zugute kommen. Dazu braucht es im Rahmen des Strukturwandels Regionalbudgets, über deren Verteilung die betroffenen Kommunen in den Kernrevieren selbst entscheiden können. Zudem müssen die kommunalen Eigenanteile bei der Verwendung der Strukturstärkungsgelder gestrichen werden. Darüber hinaus schlage ich einen kommunalen Schuldenschnitt für die Lausitz sowie verbindliche Schlüsselzuweisungen für Kommunen mit dem Schwerpunkt Revier – beispielsweise im Verhältnis 70:30 oder 60:40 (Kerngebiete : weitere Gebiete der Lausitz) – vor.