Erneuter Kniefall vor der Bankenlobby
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir sprechen heute über die Rechte von Menschen, die einen Kredit aufgenommen haben, um sich damit ein Haus zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu finanzieren. Für viele, ja, für die meisten ist es der größte Kauf in ihrem Leben, der größte Kredit, den sie aufnehmen.
Da sind die Konditionen zum Teil kompliziert, die Vertragswerke für manche unverständlich, und der Häuslebauer ist ja auch auf die Bank und auf den Kredit angewiesen. Diese Situation nutzen die Banken gern, um zuzuschlagen mit versteckten Gebühren, mit versteckten Kosten. Deswegen sagen wir als Linke: Es ist höchste Zeit, die Rechte der Kunden gegenüber den Banken zu stärken.
Der Impuls für die Gesetzesänderung heute ‑ auch das gehört allerdings zur Wahrheit hinzu ‑ kommt nicht etwa von der Regierung, kommt nicht aus der Koalition in Berlin; es ist wieder einmal die EU, die Deutschland zwingt, eine Richtlinie umzusetzen. Das ist ja leider bei der Verbraucherpolitik inzwischen an der Tagesordnung.
Bei dieser Umsetzung schaffen Sie es allerdings am Ende des Tages, also heute, dass mit einer Richtlinie, mit der die Rechte der Verbraucher gestärkt werden sollen, den Verbraucherinnen und Verbrauchern letztlich Möglichkeiten genommen werden. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Wir finden das völlig inakzeptabel.
Ich möchte auf drei konkrete Punkte eingehen. Das Erste sind die sogenannten Vorfälligkeitsentschädigungen. Also: Wer seinen Kredit vorzeitig kündigen möchte ‑ dahinter stecken ja manchmal auch Schicksale wie Todesfälle, Trennung vom Partner, von der Partnerin oder Arbeitslosigkeit ‑, muss Gebühren, hohe Gebühren, zu hohe Gebühren ‑ wie wir finden ‑ an die Banken zahlen. Nach Aussagen der Verbraucherzentralen fallen da in Deutschland bis zu 15 Prozent der Kreditsumme an. Bei 100 000 Euro wären das dann also 15 000 Euro, die man an Entschädigung an die Bank zahlen muss. Das ist wirklich fett. Diese Vorfälligkeitsentschädigungen sind die höchsten in ganz Europa. Wir können das nicht akzeptieren. Deswegen sagen wir als Linke: Machen Sie es doch so wie unsere europäischen Nachbarn und deckeln Sie endlich diese Gebühren!
Leider verpasst die Koalition auch dieses Mal die Chance, das umzusetzen, was uns die EU hier ermöglicht hätte.
Der zweite Punkt ‑ wir haben als Fraktion Die Linke viele Anträge dazu gestellt ‑ sind die Dispozinsen. Ich darf Sie erinnern: Die Dispozinsen liegen in Deutschland durchschnittlich immer noch bei 10 Prozent. Wenn wir uns jetzt angucken, dass die Banken ihr Geld zu einem historisch niedrigen Leitzins bekommen, sind die Gewinne, die die Banken hier auf Kosten derjenigen einfahren können, die im Dispo stecken, einfach nicht akzeptabel. Wir als Linke haben deswegen gesagt: Lassen Sie uns die Dispozinsen gesetzlich bei 5 Prozent über dem Leitzinssatz der EZB deckeln! Das würde den Banken immer noch 5 Prozent Gewinn sichern. Aber alles andere ist doch unanständig, alles andere bedeutet, Reibach auf Kosten von Menschen zu machen, die auf den Dispo angewiesen sind. Das ist völlig inakzeptabel.
Den Vogel abgeschossen hat die Koalition aber mit der Änderung des Widerrufsrechts. Ohne Not sollen wir heute eine Änderung zulasten der Verbraucher beschließen, eine Änderung, zu der uns die EU-Richtlinie überhaupt nicht anhält. Die Banken haben einfach jahrelang falsche Widerrufsbelehrungen verschickt. Das ermöglicht den Verbrauchern, solange das nicht korrigiert wird, ihre Darlehensverträge zu kündigen. Das ist den Banken ein Dorn im Auge.
Ich finde, die Banken könnten diesen Fehler beheben, indem sie eine korrekte Nachbelehrung vornehmen. Das tun sie aber nicht, weil sie fürchten, dass sie damit schlafende Hunde wecken. Stattdessen haben die Banken Lobbyismus betrieben ‑ offenbar bei Abgeordneten des Deutschen Bundestags, bei der Regierung und beim Bundesrat ‑ und haben gesagt: Liebe Politiker, regelt das doch einmal für uns! Und genau das sollen wir heute auch für die Banken zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher tun. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie Sie sich hier von den Banken vor den Karren spannen lassen. Das machen wir als Linke nicht mit.
Damit belohnt der Gesetzgeber am Ende diejenigen, die sich besonders verbraucherfeindlich verhalten. Es ist einfach völlig unnötig, das Widerrufsrecht an dieser Stelle zu ändern.
Meine Damen und Herren, das manager magazin, nicht gerade im Verdacht, der Linken nahezustehen, darf ich zum Abschluss zitieren. Es titelte: „Wie die Bankenlobby einen Minister dazu bringt, die Rechte ihrer Kunden zu beschneiden“. Der Autor führt fort, dieses Gesetz sei „ein einziger Kniefall vor der Bankenlobby“. Ich möchte ergänzen: Das war auch für mich ein Lehrstück von Lobbyismus im Deutschen Bundestag, in der Bundesrepublik Deutschland, wie ich es selten erlebt habe. Wir können diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Vielen Dank.
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