3 Jahre Mietpreisbremse ohne Wirkung – Jetzt Mietenwahnsinn stoppen!

07.06.2018
Caren Lay, DIE LINKE: 3 Jahre Mietpreisbremse ohne Wirkung – Jetzt Mietenwahnsinn stoppen!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt genau drei Jahre her, dass die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt wurde, drei Jahre, in denen sich die Explosion der Mieten ungehindert fortsetzt. Wer in Wolfsburg eine Wohnung sucht, der muss heute 46 Prozent mehr Miete bezahlen als noch vor fünf Jahren. In Berlin sind es 28 Prozent, in Leipzig 22 Prozent. Daran haben drei Jahre Mietpreisbremse nichts geändert. Ich darf feststellen: Dieses Gesetz funktioniert nicht. Wir müssen hier endlich nachbessern.

Wir reden in München inzwischen schon von 17,50 Euro und in Frankfurt am Main von fast 14 Euro Miete pro Quadratmeter, und das im Durchschnitt. Wohl dem, der nicht umziehen muss, kann ich da nur sagen.

Ich möchte Sie fragen: Kennen Sie auch nur einen einzigen Menschen, der im gleichen Zeitraum eine Lohnsteigerung von 46 Prozent oder auch nur von 16 Prozent erhalten hat? Das zieht doch den Leuten das Geld aus der Tasche. Deswegen müssen wir da endlich ran, meine Damen und Herren.

Wir machen Druck, um bei der Mietpreisbremse nachzubessern. Wir haben dazu mehrere Anträge vorgelegt. Wir als Linksfraktion haben - übrigens als einzige - jetzt zum zweiten Mal in dieser Legislatur eine Debatte dazu aufgesetzt. Immerhin hat es schon dazu geführt, dass der Referentenentwurf aus dem Justizministerium - wenn auch nicht im Parlament, so doch immerhin der Presse -, vorliegt. Sie sehen also: Die Linke wirkt.

Ob dieses Gesetz allerdings jemals das Licht dieses Parlaments erblicken wird, steht ehrlich gesagt noch in den Sternen. Denn immer wenn die SPD einen noch so zarten Vorstoß macht, um die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu verbessern, kommen Sie, Herr Luczak, als Mietenexperte der Union und versuchen, hier einen Strich durch die Rechnung zu machen und sagen: So geht es nicht. - Ich kann Ihnen sagen: Diese Blockadehaltung der Union, die geht nicht. Das muss endlich aufhören; denn die Mieterinnen und Mieter müssen dafür bezahlen.

Der Entwurf der Ministerin ist einfach noch viel zu zaghaft. Aus unserer Sicht gibt es fünf große Fehler in diesem Gesetz der Mietpreisbremse, in dem die Überschrift stimmt, der Inhalt aber leider nichts taugt. Was sind diese fünf Fehler? Die Ausnahmen erstens bei möblierten, zweitens bei modernisierten und drittens bei neugebauten Wohnungen. Sie alle führen nämlich dazu, dass sich die Vermieter in Möblierungen und in teure Modernisierungen flüchten und nur noch im Luxussegment gebaut wird. Deswegen wollen wir als Linke alle diese Ausnahmen abschaffen.

Ich finde es auch wirklich schade, dass der Referentenentwurf diese Abschaffung der Ausnahmen nicht vorsieht; denn wenn man die Mietpreisbremse will, dann muss man sie eben auch konsequent gestalten.

Der vierte Fehler - und aus meiner Sicht auch der ganz entscheidende; das sieht ja auch der Deutsche Mieterbund so - besteht darin, dass jetzt keine wirkungsvollen Sanktionen vorhanden sind und auch der Referentenentwurf, der ja wie gesagt bisher nur der Presse vorliegt, keine Sanktionen vorsieht. Das muss man sich einmal vorstellen. Ein Gesetz, bei dem keinerlei Strafe droht, wenn man sich nicht daran hält, kann nicht funktionieren, meine Damen und Herren. Wer betrügt, wer sich nicht an die Mietpreisbremse hält, muss auch wirkungsvoll bestraft werden können.

Fünftens. Die Mietpreisbremse greift ohnehin viel zu spät. Erlaubt ist ja laut diesem Gesetz bei einer Neuvermietung eine Mieterhöhung von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Das Gesetz ist von vornherein so angelegt, dass ein saftiger Aufschlag erlaubt ist. Ein Auto mit so einer schlechten Bremse würde niemals den TÜV bestehen. So geht es einfach nicht.

Meine Damen und Herren, wir haben einen Antrag vorgelegt, der sich auf alle genannten fünf Punkte bezieht. Ich weiß, wir konnten Sie in der Ausschussberatung noch nicht davon überzeugen; da brauchen wir noch etwas Zeit.

Aber in einem Punkt müssen wir uns ja alle wirklich einig sein, und zwar bei der Auskunftspflicht des Vermieters über die Höhe der Vormiete. Da haben ja nun alle Parteien, also auch die CDU, im Wahlkampf versprochen, dass sie da ran wollen. Alle wollten die Auskunftspflicht über die Höhe der Vormiete haben. - Das ist übrigens die Voraussetzung dafür, dass dieses Gesetz überhaupt funktionieren kann. Deswegen haben wir zu diesem Punkt einen Gesetzentwurf vorgelegt; diesen können wir heute beschließen. Wir wollen darüber namentlich abstimmen lassen; denn, ich finde, eines geht nicht: im Wahlkampf versprechen: „Wir bessern dann nach“, aber wenn es hier zur Abstimmung kommt, nichts mehr vom diesem Versprechen wissen wollen. Deswegen werden wir heute namentlich abstimmen, meine Damen und Herren.

Der Vorteil dabei ist: Wenn unser Gesetz heute beschlossen würde - von all denjenigen, die das im Wahlkampf versprochen haben -, dann würden die Mieter, die geprellt werden, die vom ersten Tag des Mietverhältnisses an zu viel gezahlte Miete zurückbekommen - und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Rüge, wie es der Referentenentwurf vorsieht. Da fahren die Mieterinnen und Mieter mit unserem Gesetzentwurf, würde ich sagen, deutlich besser.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Die Mietpreisbremse bezieht sich ja nur auf die neuen Mietverträge; aber ein ganz großes Problem haben wir inzwischen auch mit dem Preisanstieg bei den Altmietverträgen. Wir wollen deswegen mit einem weiteren Antrag, auch die Bestandsmieter vor zu hohen Mietsteigerungen schützen.

Bisher sind im Grunde bis zu 20 Prozent Mietsteigerung innerhalb von drei Jahren erlaubt. Wer kann sich das eigentlich leisten? Deswegen sagen wir Linke: Mieterhöhungen dürfen nur maximal bis zur Höhe der Inflation zulässig sein, und wir wollen die Berechnung des Mietspiegels endlich ändern; denn in seiner jetzigen Form ist er ein Mieterhöhungsspiegel und kann nicht funktionieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier in Berlin waren vor ein paar Wochen 25 000 Menschen auf der Straße, beim „MietenMove“ in Hamburg waren es 8 000 Menschen. Sehen Sie bitte hin! Nehmen Sie das ernst! Die Mieterinnen und Mieter können die Situation nicht mehr ertragen.

Lassen Sie uns die Mietpreisbremse jetzt endlich scharfstellen!

Vielen Dank.

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Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit. Doch statt sie anzugehen, werden Fehlentwicklungen systematisch politisch gefördert. Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten verkommen. Hohe Nachfrage und sogenannte Zwangssanierungen lassen die Mieten explodieren und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch im Umland. Menschen werden aus jahrzentelang gewachsenen, sozialen Strukturen gerissen, gentrifzierte Viertel zu Soziotopen der Besserverdienenden. Wie konnte es soweit kommen? Warum unternimmt die Politik so wenig, um Mietenwahnsinn und Spekulation endlich zu stoppen? Und was muss getan werden, damit Wohnen endlich wieder bezahlbar wird? Caren Lay nimmt die deutsche Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre schonungslos unter die Lupe, zeigt auf, wie und warum Deutschland zum Eldorado für Wohnungsspekulation werde konnte, und liefert provokante Ideen für eine soziale Wohnungspolitik, die wir so dringend brauchen.

Erschienen bei Westend / 160 Seiten Leseprobe

Über mich
Ich bin Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik sowie für Clubpolitik.