Statt Baukindergeld - Wirksamen Mietendeckel einführen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode über das Mietrecht, zum dritten Mal auf Antrag der Opposition. Das sollte Ihnen von der Koalition wirklich zu denken geben.
Hatte die Justizministerin, Frau Barley, nicht angekündigt, dass sie ihren Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause einreichen will? Dazu wäre am heutigen Tag die letzte Gelegenheit. In der nächsten Woche sprechen wir nämlich über den Haushalt. Nicht dass es so kommt wie in der letzten Legislaturperiode, wo jeder Versuch, das Mietrecht im Interesse der Mieterinnen und Mieter zu verbessern, an der Union gescheitert ist oder im Kanzleramt gestoppt wurde. Das, meine Damen und Herren, darf nie wieder passieren.
Die Frage, die hier heute gestellt ist, lautet: Mietrecht? Die Antwort der Union darauf: Baukindergeld. Also, ehrlich gesagt, da fällt doch auch jemandem, der kein Fachmann und keine Fachfrau ist, auf, dass an dieser Antwort irgendwas nicht stimmen kann.
Aber ich kann es Ihnen gerne noch mal erläutern. Es wird ja so kommen, dass das Baukindergeld am Ende das Einzige ist, was diese Koalition im Bereich der Wohnungspolitik vor der Sommerpause noch tatsächlich beschließen wird.
Es ist ein Lieblingsprojekt der Union, auch persönlich von Horst Seehofer favorisiert, aber nach Expertenmeinung wird das Baukindergeld vor allen Dingen dazu führen, dass auf dem Land mehr Eigenheime gebaut werden. Aber mehr Eigenheime im Bayerischen Wald werden der Krankenschwester in München nichts nutzen. Das ist doch überhaupt nicht die richtige Antwort auf die Wohnungsfrage in den Städten.
Für die Krankenschwester in München ist die Idee, sich ein Eigenheim zu kaufen, wie für Millionen andere Normalverdiener in den Städten in weite Ferne gerückt, wegen geringer Löhne, wegen explodierender Mieten, weil sie gar keinen Kredit mehr bekommen und wegen der horrenden Boden- und Quadratmeterpreise. Daran wird das Baukindergeld nichts ändern. Aber deswegen wird sie am Ende mit ihren Steuergeldern dem Zahnarzt im Bayerischen Wald sein Eigenheim finanzieren. Ehrlich gesagt, ich kann nicht erkennen, was daran eine soziale Politik sein soll.
Es ist ein teures Wahlgeschenk für Seehofers Klientel. Das Baukindergeld ist nicht die richtige Antwort auf die Wohnungsfrage in den Städten. Ich kann mich hier nur wiederholen. Es ist auch ein Irrglaube - das möchte ich der Union jetzt wirklich noch einmal erklären -, dass „bauen, bauen, bauen“ die einzige Antwort auf die Wohnungsfrage ist. Es kommt eben nicht darauf an, dass mehr gebaut wird. Es kommt doch darauf an, für wen und wo gebaut wird. Das ist doch die entscheidende Frage.
Schauen wir uns doch einmal an, was in den Großstädten gebaut worden ist. Es sind in den letzten Jahren nur 10 Prozent aller Wohnungen für Normalverdiener erschwinglich gewesen, hier in Berlin sogar nur 5 Prozent. Aber gerade die Durchschnittsverdiener, die Normalverdiener, und Menschen mit geringem Einkommen brauchen doch die Unterstützung der Politik. Wenn wir für die was tun wollen, dann müssen wir mehr Sozialwohnungen bauen, dann müssen wir mehr Sozialwohnungen für Familien bauen. Das wäre die richtige Antwort.
Ja, und wenn Sie was für Familien tun wollen, wie wäre es denn, wenn Sie vielleicht damit anfangen, dass einer alleinerziehenden Mutter mit Hartz IV das Kindergeld nicht länger auf Hartz IV angerechnet wird? Das wäre ein erster und sozialer Schritt, um die Situation von Familien zu verbessern.
Meine Damen und Herren, jetzt zum Mietrecht. Es ist schon erwähnt worden, dass die Mietpreisbremse in ihrer jetzigen Form nicht funktioniert. Sie sollte ja auch nicht funktionieren, weil der Druck der Bau- und der Vermieterlobby sehr, sehr groß war. Aber was folgt denn jetzt daraus? Es kann doch nicht sein, dass nun AfD, FDP und - manchmal habe ich fast das Gefühl - die Union daraus schlussfolgern, dass sie jetzt gänzlich abgeschafft wird. Das Gegenteil ist richtig: Sie muss nachgebessert werden.
Deswegen unterstützen wir dem Grunde nach auch den Antrag der Grünen, auch wenn wir im Detail an einigen Stellen darüber hinausgehen. Wir als LINKE finden, dass alle Ausnahmen gestrichen werden müssen. Das wäre ein ganz wichtiger Schritt. Wir finden es auch unmöglich, dass die Mietpreisbremse jetzt nach zwei Jahren im Grunde auslaufen soll. Es ist ja nicht gesichert, ob sie überhaupt weiter besteht. Das wäre völlig absurd. Selbstverständlich wollen auch wir, dass Vermieter, die sich nicht an die Mietpreisbremse halten, bestraft werden. Das sollte doch selbstverständlich sein.
Wir brauchen einen echten Mietendeckel. Ansonsten bekommen wir das Problem nicht in den Griff. Die Mietpreisbremse bezieht sich aber nur auf neue Mietverträge. Wo wir dringend ranmüssen, ist die Deckelung der Mieten im Bestand, die Deckelung bei Altmietverträgen. Denn auch hier steigen die Mieten enorm. Daran wird kein Bauprogramm etwas ändern. Das ist der beste Beweis dafür, dass wir eine Deckelung im Mietrecht brauchen, um die Mieterinnen und Mieter besser zu schützen; das ist doch völlig logisch.
Es stimmt, dass wir eine Kappungsgrenze haben. Aber diese ist viel zu großzügig berechnet. Deswegen gibt es von den Grünen einen anderen Vorschlag.
Wir sagen: Wie wäre es, wenn wir uns angesichts der horrenden Mietsteigerungen vielleicht darauf verständigen, dass die Mieten in den nächsten Jahren maximal so stark steigen wie der Inflationsausgleich oder - wenn es nach mir geht - wie die Löhne? Das wäre vielleicht auch mal eine soziale Antwort.
Wir müssen an das Mietrecht ran. Wir brauchen einen besseren Kündigungsschutz; das habe ich vor anderthalb Jahren an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt. Das ist bei der Union bis heute nicht angekommen. Wir müssen an den Mietspiegel ran. In seiner jetzigen Fassung ist er ein Mieterhöhungsspiegel. So wird er nichts nutzen.
Letzter Punkt: die Modernisierungsumlage. Wir wollen sie nicht wie die Grünen lediglich absenken, sondern abschaffen; denn sie ist das Verdrängungsinstrument Nummer eins in unseren Städten. Deswegen gehört diese Modernisierungsumlage abgeschafft.
Sie ist eigentlich eine Einladung für Spekulanten. Der Mietwohnungsmarkt ist inzwischen interessant für internationale Finanzspekulation; denn es handelt sich hier um eine Renditegarantie. Wo gibt’s denn so was? Hier müssen wir endlich ran. Das muss endlich aufhören.
Ich komme zum Schluss. - Ich fände es gut - und die Mieterinnen und Mieter würden es Ihnen danken -, wenn die Union endlich aus ihrem mietenpolitischen Dornröschenschlaf aufwachen würde. Das wäre mal ein tolles Signal am heutigen Freitagnachmittag.
Vielen Dank.