Verbraucherpolitik besser finanzieren
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es könnte Ihnen vielleicht entgangen sein, dass heute eigentlich der Haushaltsplan auf der Tagesordnung steht. Es wurde viel über ideelle Werte, über angekündigte Gesetze und über Wünsche gesprochen.
Nur wenige Redner haben bisher über den Haushalt gesprochen. Ich kann mich meinem Vorredner von den Grünen, Herrn Lindner, anschließen: Darüber sollten wir an dieser Stelle wirklich sprechen. Es mag in der Rechtspolitik nicht entscheidend sein; aber für die Verbraucherpolitik gilt in der Tat, dass es nicht völlig egal ist, wie viel Geld im Haushalt steht.
Schauen wir doch mal in diesen Haushalt hinein. Für den Bereich „Wirtschaftlicher Verbraucherschutz“ stehen gerade einmal 26 Millionen Euro zur Verfügung. Das hört sich jetzt vielleicht für die Zuhörerinnen und Zuhörer nach viel Geld an. Aber ziehen wir doch einmal einen Vergleich mit anderen Ministerien: 26 Millionen Euro für den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Märkten stehen 7,4 Milliarden Euro für den Bundeswirtschaftsminister gegenüber. Allein 270 Millionen Euro, also mehr als zehnmal so viel, wie wir hier zu verteilen haben, stehen für die Förderung der deutschen Wirtschaft im Ausland zur Verfügung. Das mag alles gut und schön sein. Fakt ist aber: Für wirtschaftlichen Verbraucherschutz gibt es zu wenig Geld. Die genannten Haushaltsposten stehen wirklich in keinem Verhältnis zueinander.
Ich höre hier gerade einen wirklich unseriösen Zwischenruf aus den Reihen der CDU/CSU. Das muss mich nicht wundern. Aber ich denke, ich kann es ganz gut beurteilen. Ich arbeite schon seit vielen Jahren im Bereich der Verbraucherpolitik. Sie sind mir da noch nicht untergekommen.
Aber das muss einer zukünftigen Zusammenarbeit nicht im Wege stehen.
Ich kann nur sagen, dass es mich wundert, dass der Bundeslandwirtschaftsminister viermal so viel Geld für die Verbraucherpolitik zur Verfügung hat wie der Verbraucherminister.
Hier ‑ das muss ich sagen ‑ ist nicht gut verhandelt worden; auch hier muss deutlich nachgebessert werden.
Das Schlimmste ist ‑ auch hier kann ich an Herrn Lindner von den Grünen anknüpfen ‑: Ich sehe überhaupt keine Umsetzung des Koalitionsvertrages. Ich muss ganz ehrlich sagen: Dinge, die Sie, Herr Maas, hier angekündigt haben und die wir zum Teil unterstützen, beispielsweise die Einführung eines Marktwächters „Finanzmarkt“ und eines Marktwächters „Digitale Welt“, sehe ich bisher nur auf Ihrer Wunschliste, Herr Minister, nicht aber im vorliegenden Haushaltsentwurf. Das muss sich ändern.
Es wäre höchste Zeit, beispielsweise einen Finanzmarktwächter einzuführen oder, wie wir Linke es schon seit vielen Jahren fordern, endlich dafür zu sorgen, dass es mehr unabhängige Finanzberatung und Schuldnerberatung gibt. Es bleibt dabei: Wenn jeder Haushalt eine unabhängige Finanzberatung in Anspruch nehmen wollte, dann müsste man ungefähr 30 Jahre auf den nächsten Termin bei der Verbraucherzentrale warten. Vor dem Hintergrund, dass Verbraucherinnen und Verbraucher über 50 Milliarden Euro im Jahr aufgrund falscher Finanzberatung verlieren ‑ das sind die konservativen Schätzungen ‑, müssen wir hier dringend nachbessern.
Meine Damen und Herren, die Grundpfeiler der deutschen Verbraucherpolitik, Stiftung Warentest und vzbv, erhalten im Rahmen der institutionellen Förderung nicht mehr Geld. Nun kennen wir die Inflationsrate und den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Dann muss man so ehrlich sein, festzustellen: Wenn die Summe gleich bleibt, dann ist dies faktisch eine Kürzung. - Das können wir so nicht akzeptieren.
Auch ich will es mir natürlich nicht entgehen lassen, noch zu Themen zu sprechen, die nicht unmittelbar haushaltsrelevant sind, aber zu den großen verbraucherpolitischen Themen gehören, über die wir sprechen sollten.
Die Mietpreisbremse ist schon angesprochen worden. Da sind wir als Linke in einer absurden Situation: Wir müssen als Oppositionsfraktion die Idee der Mietpreisbremse gegen einen der Koalitionspartner verteidigen. Wir haben schon gehört, dass hier von „Aktionismus“ gesprochen wurde, dass immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass die Mietpreisbremse die Gefahr birgt, dass Vermieterinnen und Vermieter ‑ so darf ich es übersetzen ‑ nicht mehr eine so hohe Rendite machen können.
Wir von der Linken sind prinzipiell für eine Mietpreisbremse, aber wir sagen: Das, was bisher vorgelegt wurde, muss wirklich kein Vermieter fürchten. Erstens soll es nur dann gelten, wenn die Länder bereit sind, es umzusetzen. Wir hören in der Debatte heraus, dass die CDU/CSU alles daransetzen wird, es auszusetzen bzw. nicht umzusetzen. Das heißt übersetzt: In München, in Bamberg, in Frankfurt am Main oder auch in Dresden, also in Städten, die in den letzten Jahren enorme Mietpreissteigerungen erleben mussten, wird die Mietpreisbremse überhaupt nicht wirken. Insofern muss ich sagen: Das ist eine Mietpreisbremse, die ihren Namen nicht verdient hat.
Bei Wiedervermietung einer Wohnung soll eine Miete, die 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, weiterhin erlaubt sein. Wenn beispielsweise hier in Berlin-Mitte ein alter Mietvertrag gekündigt wird und an einen Nachmieter vermietet wird, dann ist zunächst einmal die ortsübliche Vergleichsmiete der Maßstab. Das kann locker doppelt so viel sein. Dann darf man noch 10 Prozent drauflegen. Der geltende Mietpreisspiegel wird als Grundlage herangezogen. Aber der Mechanismus des Mietspiegels ist völlig falsch. So, wie er bisher berechnet wird, ist er ein Mieterhöhungsspiegel. Die Mietpreisbremse ist bestenfalls ein Tempomat. Den Namen „Bremse“ hat sie definitiv nicht verdient.
Zum Schluss möchte ich ein Thema ansprechen, das heute noch keine Rolle gespielt hat; der Minister hat es offensichtlich gar nicht auf dem Plan, was ich sehr schade finde. Ihr Kabinettskollege und Parteivorsitzender, Sigmar Gabriel, hat heute die Eckpunkte für die Ökostromreform vorgelegt. Er ist fast wöchentlich nach Brüssel gereist und hat sich mit seinem gesamten Gewicht für die Interessen der deutschen Großindustrie eingesetzt. Schön und gut, aber die Verbraucherinnen und Verbraucher sind am Ende die Gelackmeierten.
Es bleibt dabei: Die Stromkundinnen und Stromkunden werden weiterhin den Strom für die deutsche Großindustrie mitbezahlen. Wir als Linke können das nicht akzeptieren. Es wäre gut gewesen, wenn der Minister für Verbraucherschutz wenigstens einmal das Wort im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher ergriffen hätte.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.